Folterknecht oder Familienvater?

Immer wieder wurde versucht nachzuvollziehen, was aus scheinbar „normalen“ Menschen Folterknechte macht, die auf Anordnung einer Autoritätsperson die schrecklichsten Dinge machen. Die bekanntesten Sozialpsychologischen Experimente dazu hat wohl der Amerikanische Forscher Stanley Milgram in den 1960er-Jahren gemacht. Damals wurde festgestellt, dass zwei Drittel der Probanden in einem einfachen Setting, sehr wohl dazu bereit wären, andere Menschen zu foltern und ihren Tod dabei in Kauf nehmen würden. (Quelle wikipedia):

Eine Versuchsperson und ein Vertrauter des Versuchsleiters, der vorgab, ebenfalls Versuchsperson zu sein, sollten an einem vermeintlichen Experiment zur Untersuchung des Zusammenhangs von Bestrafung und Lernerfolg teilnehmen. Ein offizieller Versuchsleiter (Experimentator, V) bestimmte den Schauspieler durch eine fingierte Losziehung zum „Schüler“ (S), die tatsächliche Versuchsperson zum „Lehrer“ (L). Die Verabreichung eines elektrischen Schlags von 45 Volt sollte der Versuchsperson die körperlichen Folgen elektrischer Schläge vergegenwärtigen. Zudem wurde das an einen elektrischen Stuhl erinnernde Versuchsinventar gezeigt, auf dem der „Schüler“ getestet werden sollte. Diese Versuchsanordnung mit der gewollten Assoziation wurde von den Probanden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt.

Dieser Versuch – so berichtet Robert Dempfer auf der Homepage des Österreichischen Roten Kreuzes – wurde nun von Jerry M. Burger aus Santa Clara wiederholt und erneut bestätigt.

Milgram interpretierte die Ergebnisse seines Experiments so:

Die extreme Bereitschaft von erwachsenen Menschen, einer Autorität fast beliebig weit zu folgen, ist das Hauptergebnis der Studie, und eine Tatsache, die dringendster Erklärung bedarf.

Interessant ist das für das Rote Kreuz deswegen, weil man auch verstehen will, wieso Folter im Krieg so weit und oft eingesetzt wird – nicht nur von irregulären Kämpfern oder Terroristen, sondern von nahezu jeder Armee dieser Welt. Im Rahmen dieser Forschungen hat das IKRK bereits seit langem einen eigenen Webbereich zu diesen Themen eingerichtet (ich berichtete bereits darüber).

Für die frankophonen leser sei auf einen Artikel der International Review des Roten Kreuzes verwiesen:  FRÉSARD, Jean-Jaques (2004): Des laboratoires de Milgram aux champs de bataille: quelques éléments de compréhension du comportement des combattants. In IRRC, March 2004, Vol. 86, No 853 Seiten 147 – 168 online hier. (Falls ihn jemand gelesen hat, bitte ich um ein kurzes deutsches Abstract. )

Es gibt sogar Menschen, die meinen

Every encounter with authority is a Milgram experiment. You are subject to influence which is either congruent with your principles or incongruent. If it is incongruent, how much incongruity are you willing to bear?

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