Diasastermanagement 2.0: Neue Lösungen für alte Probleme?

In den vergangenen zwei Wochen durfte ich einerseits beim Deutschen Bevölkerungsschutzkongress in Bonn, als auch bei einer Veranstaltung des Magazins „Die Österreichische Feuerwehr“ in Wien zu diesem Thema referieren bzw. in Expert/innen-Panels meine Thesen dazu zu äußern.

Interessant sind für mich in diesem Zusammenhang die Stimmen und Fragen aus dem Publikum und von Seiten der „Praktiker“. Auch die Positionen des einen oder anderen Organisationsexponenten stimmten mich nachdenklich.

Freiwilligenorganisationen als erste Social Networks

Eines meiner Eröffnungsstatements versuchte die sozialen Bedürfnisse zu beschreiben, die zum Entstehen von Freiwilligenorganisationen, wie den Feuerwehren oder auch den Rettungsdiensten oder des Roten Kreuzes geführt haben. Es gab einen Bedarf an Solidarität, beispielsweise die Aufgaben des Brandschutzes zu sozialisieren, da man als Einzelner das zwar geringe Risiko mit hohem Schaden nicht bewältigen konnte. Freiwilligenorganisationen waren daher bereits soziale Netzwerke, lange bevor man das Buzzword dafür überhaupt verwenden musste. Diese Netzwerke spannten sich über den Dorfplatz, oder den Stammtisch, heutzutage werden diese Netzwerke virtualisiert. Zeitliche und räumliche Grenzen verschwimmen hier – Globalisierung ist das Schlagwort dafür.

Doch es gibt – das zeigen uns die großen Katastrophen in Europa in den vergangenen Monaten – neue Bedürfnisse, die die klassischen offline-Organisationen nicht zu befriedigen in der Lage sind. Hier liegt es an uns, ob wir so transparent und auch durchlässig sind, um diese sozialen Bedürfnisse mit den adäquaten Methoden auch zu befriedigen. Andere Variante – doch dafür braucht es meiner Meinung nach auch eine bewusste Entscheidung – ist es, klar zu sagen, wir bleiben eine Offline-Organisation und bleiben außerhalb.

Über die Veränderungen in unserer Gesellschaft, die immer mehr verschwimmenden Grenzen und den Verlust der klassischen sozialen Ordnungshierarchien brauche ich ja in diesem Blog kein Wort mehr zu verlieren, sollten hier Fragen offen sein verweise ich auf Beck, Giddens oder auch Lyotard.

 

Einige Gedanken dazu auch hier in der Präsentation:

 

 

Doch wie reagieren wir als klassische Organisationssysteme auf den Wandel. Sind wir überhaupt so weit Anschlussfähig den Wandel des Rahmenkontextes zu erkennen?

Die Diskussion in Bonn, an der ich neben Timo Lüge und Roman Hartrampf vom THW unter der Moderation von Katja Evertz vom BBK war sehr spannend, zumal die deutsche Realität in Sachen Disastermanagement2.0 für einen Geek wie mich durchaus depremierend sein dürfte. Katja war so nett und hat unsere Ausführungen treffend und in zwei Absätzen zusammengefasst, weshalb ich sie hier auch zitieren möchte:

Social Media sind nicht die eigentliche Veränderung im Bevölkerungsschutz, sondern ein Symptom des gesellschaftlichen Wandels. Als solches bedeuten sie auch einen Kulturwandel in Organisationen und Behörden, von hierarchischen hin zu netzwerkartigen Strukturen. Dieser Kulturwandel muss von der Führung her akzeptiert und vorgelebt werden. Richtlinien, Guidelines und Social Media Policies können dabei unterstützen. Auch die Vernetzung von Hilfsorganisationen und Behörden untereinander ist wichtig, um auch aus den Erfahrungen anderer lernen zu können und z. B. anhand von Best-Practice-Beispielen auch Lösungen für die eigenen Herausforderungen zu finden.

Hilfsorganisationen sollten sich für den Wandel und das Engagement von Freiwilligen öffnen. Dank Social Media müssen sie nicht länger alle Aufgaben selbst stemmen, sondern können Freiwillige in die Unterstützung (z. B. bei der Auswertung von Daten) einbeziehen (Crowdsourcing). Grundlegend dafür ist natürlich das Vertrauen in Freiwillige. Die Angst vor dem vermeintlichen Kontrollverlust lähmt Hilfsorganisationen und Behörden zwar, jedoch war der Gedanke, die Kontrolle zu haben, stets mehr Illusion als Wirklichkeit. Deshalb sollten Hilfsorganisationen und Behörden keine Angst vor dem Kulturwandel haben, sondern ihn aktiv begleiten und mitgestalten.

Die Veranstaltung der Zeitschrift „Die Österreichische Feuerwehr“ und von Dräger hat nun die Österreichische Szene vorgestellt. Aufgrund der vielen Expertinnen und der wirklich breiten Perspektiven hat dem Publikum zum Schluss ein wenig der Fokus gefehlt, der Succus aus den vielen interessanten Informationen. Ich versuche daher in eingen (noch folgenden) Blogartikeln diese Informationen zu dekonstruieren und damit einen roten Faden herzustellen …

Den Expertentalk gibt es auch auf Video, falls es jemanden interessiert:

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