Die Theorien Pierre Bourdieus

Dieses Textfragement entstand – analog zum Fragement zur Geschichte des Roten Kreuzes – bei der Erstellung meiner Diplomarbeit zu den Sozialstrukturen im Österreichischen Roten Kreuzes als übervollständige Beschreibung des Bourdieuschen Theoriengebäudes. Da einige Teile dieses Abrisses in die Diplomarbeit wegen mangelnder Relevanz für das Thema keinen Eingang finden werden, veröffentliche ich diesen Text hier.

Falls das Lesen am Schirm zu mühsam ist, hier die PDF-Version: Theorien Pierre Bourdieus

Gerald Czech im November 2009

Andere Bourdieu-Texte in meinem Blog (Diese sind zum Teil Grundlage des hier publizierten Textes):

Die Theorien Pierre Bourdieus

Gerald Czech, Dezember 2009

1.      Kurzbiographie Pierre Bourdieus

Pierre Bourdieu ging als kritischer politischer französischer Intellektueller auf der einen und als der Soziologe der Ungleichheitsforschung auf der anderen Seite nicht nur in die Wissenschaftsgeschichte ein. Wie Franz Schulteis in einem Interview für das Booklet zur DVD „Soziologie ist ein Kampfsport“ betont, waren beide Perspektiven Bourdieus offenbar jeweils alleinstehend aber für unterschiedliche Zielgruppen präsent: „Wer »Das Elend der Welt« liest oder »Gegenfeuer«, beschäftigt sich meistens nicht mit »Die feinen Unterschiede« oder »Die Regeln der Kunst« oder umgekehrt.“ (Schrenk 2009, S. 30)

Wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass Pierre Bourdieu – und hier ist er ganz in der Tradition des deutschen Soziologen Max Weber – als Wissenschafter werturteilsfrei die sozialen Tatsachen schildert, seine politischen Äußerungen spielen sich außerhalb der wissenschaftlichen Publikationen ab. Auch das scheint ein Grund dafür zu sein, warum diese zwei unterschiedlichen Bilder von Bourdieu auch Jahre nach seinem Tod noch immer so existieren.

Aufgrund seiner Publikationssprache und seiner Verortung als französischer Intellektueller war Bourdieu im deutschsprachigen Raum lange Zeit unbekannt. Erst Mitte der 1980er Jahre, fast 20 Jahre nach seinen ersten wichtigen Publikationen, wurde sein Werk auch im deutschsprachigen Raum bekannt und damit Inhalt des sozialwissenschaftlichen Diskurses.

„Im deutschsprachigen Raum bekannt wurde Bourdieu durch seine Studie »Die feinen Unterschiede« (Dt. 1982), die der kulturellen Reproduktion sozialer Ungleichheit gewidmet ist. Dabei entschlüsselte er die Kultur des Geschmacks und erklärte die Funktionsmechanismen des klassenspezifischen »Habitus«.“ (Wieselberg o.J. [2002])

Bourdieu stammt – und das ist für einen Träger höchster akademischer Würden in Frankreich mehr als untypisch – aus einfachen Verhältnissen. Er wuchs in einer peripheren Region an den Pyrenäen auf und konnte dank eines Stipendiums zuerst das Gymnasium in Pau und anschliessend die elitäre akademische Ausbildung an der École normale supérieure absolvieren. (vgl. Bohn, Hahn 2007, S. 289–291)

„Wenn ich daran erinnere, daß ich damals Philosophiestudent an der École normale supérieure war, mich also am Gipfel der Hierarchie des Bildungswesens befand, und zwar zu einer Zeit, als der Sieg der Philosophie ausgemacht schien, so hätte ich wohl alles Nötige zur Erklärung meiner späteren Laufbahn im universitären Feld gesagt.“ (Bourdieu et al. 2007, S. 11f)

Eine kurze Karriere als Gymnasialprofessor wurde durch seinen Militärdienst in Algerien beendet, zu einer Zeit, als die Spannungen in dieser französischen Kolonie immer größer wurden. Nach dem Militärdienst blieb Bourdieu in Algier, wo er ethnologische Studien – unter anderem in der Kabylei, einer ruralen Region Algeriens, trieb und an der Universität unterrichtete. Nach seiner Rückkehr in die französische Heimat beschäftigte er sich immer mehr mit soziologischen Themen, oftmals mit Fragen, die im Laufe seiner Studien in der Kabylei aufgetaucht sind, und die nun detaillierter betrachtet wurden. (vgl. Bohn, Hahn 2007, S. 289–291)

Aufgrund seiner Vielfältigkeit und seines politischen Engagements, war Pierre Bourdieu zunächst in Frankreich und gegen Ende seines Schaffens – nicht zuletzt aufgrund seines Engagements als Mitbegründer der globalisierungskritischen Bewegung ATTAC – ein „Star des intellektuellen Lebens, eine Figur mit großer Ausstrahlung und medialer Wirkung.“ (Schwibs o.J.[2002])

Bourdieu galt bereits zu Lebzeiten – er starb im Jahre 2002 in Paris – als „Klassiker der Soziologie“.

„Er [war] ein ungebrochener Vertreter einer spezifischen französischen Wissenschaftstradition, die in der Linie Durkheim, Canguilhem, Koyre durchaus ihre handfesten positivistischen Anklänge hat.“ (Schwibs o.J.[2002])

2.     Pierre Bourdieus Epistemologie

2.1.Objektivismus und Subjektivismus als Dichotomie

Die erkenntnistheoretischen – oder besser epistemologischen – Positionen von Pierre Bourdieu beziehen sich in hohem Maße auf die beiden unterschiedlichen Herangehensweisen, mit denen soziale Welt gesehen, interpretiert und damit konstruiert wird. Es sind dies zwei Modi der Erkenntnis:

Auf der einen Seite sieht Bourdieu den Objektivismus, der die soziale Realität als externe und objektive Struktur begreift, die die handelnden Akteure missachtet und als Objekte zu Spielbällen der Struktur reduziert: „Die objektivistische Tradition begreift die soziale Welt als ein Universum objektiver, von den Handelnden unabhängige Regelmäßigkeiten, die vom Standpunkt eines unparteiischen, die beobachtende Welt überfliegenden Beobachters jenseits des Handelns aus konstruiert sind.“ (Bourdieu 2004, S. 86)

Gerade der Strukturalismus, der nach dem zweiten Weltkrieg in der Philosophie und Ethnologie in Frankreich weit verbreitet war, ist eine objektivistische Theorie. Bourdieu war selbst zu Beginn seiner Forschungen stark strukturalistisch geprägt, stellte jedoch mehr und mehr fest, dass viele aufgeworfene Fragen nicht strukturalistisch erklärt werden konnten. „Bourdieu wirft dem Strukturalismus vor, diese Interessensbezogenheit des Handelns gesellschaftlicher Akteure vollkommen außer acht gelassen zu haben zugunsten einer höchst idealisierten Beschreibung der Regeln und kulturellen Muster.“ (Joas 2004, S. 525)

Die zweite erkenntnistheoretische Position, die Bourdieu im soziologischen Diskurs wahrnimmt, ist die des Subjektivismus, wie er beispielsweise in der Phänomenologie oder auch in der Ethnomethodologie praktiziert wird.

„[…][Der Subjektivismus] ist die absolute Gegenposition zur objektivistischen Beschreibung. Im Grenzfall […] ist die soziale Welt das Produkt der individuellen Handlungen. Danach verhalten sich die Menschen nicht etwa respektsvoll, weil es Hierarchien gibt; vielmehr erwächst die Hierarchie letztendlich aus den unendlich vielen individuellen Respektshandlungen.“ (Bourdieu 2004, S. 86)

2.2.Praxeologie als Lösung?

„In der Alltagspraxis besteht ein permanenter Kampf zwischen Objektivismus und Subjektivismus. Jeder versucht, seine subjektive Vorstellung von sich als objektive Vorstellung durchzusetzen. Herrschender ist der, der über die Mittel verfügt, dem Beherrschten aufzuzwingen, ihn so wahrzunehmen, wie er wahrgenommen werden will.“ (Bourdieu 2004, S. 89)

Das wirklich neue in Bourdieus Theorien und auch in seiner Epistemologie ist die dialektische Verschmelzung des subjektivistischen und des objektivistischen Modus zu einer so genannten Praxeologie – einer Theorie der Praxis – , in der die „objektiven“ gesellschaftlichen Strukturen (in der Einteilung der Soziologen als Makrotheorien bezeichnet) und die subjektiven individuellen Handlungsalternativen der Akteure (analog als Mikrotheorien bezeichnet) über das Konzept des Habitus miteinander verknüpft werden:

„Um zu einer aufhebenden Synthese zu gelangen, geht es Bourdieu um die erkenntnistheoretische Rehabilitierung der im objektivistischen Diskurs tendenziell eliminierten sozialen Akteure mit ihren analytisch relevanten Subjektivtätsmerkmalen (Erfahrungen, Erlebnisweisen, Alltagspraktiken etc.), ohne deshalb freilich – wie im subjektivistischen Erkenntnismodus – die wissenschaftliche Reflexion objektiver Strukturen (insbesondere auch in deren Wirkung auf die sozial Handelnden) zu vernachlässigen.“ (Krauss 2001)

Es existiert daher eine – im wahrsten Sinne des Hegelschen Begriffs – dialektische Beziehung zwischen den objektiven Strukturen der Felder und damit der Gesellschaft und dem subjektiven strukturierenden Handeln der Individuen. (vgl. Joas 2004, S. 530)

Objektive Erkenntnis benötigt immer den Bruch mit der Alltagserfahrung durch die Abstraktion auf gesamtgesellschaftliche Ebene, während die subjektivistische Erkenntnis lediglich Alltagserfahrung in sozialwissenschaftliche Worte kleidet. Erst die Kombination dieser Modi durch die objektivistische Sicht, die den subjektiven Phänomenen hinzugefügt wird, entsteht der dritte Modus der praxeologischen Erkenntnis.

„Diese völlig ungewöhnliche Form des Reflektierens führt zum Verzicht auf die absolutistischen Prätentionen der klassischen Objektivität, verurteilt deswegen nicht zu Relativismus: Die Bedingungen der Möglichkeit des wissenschaftlichen Subjekts und die seines Objekts sind nämlich identisch, und jedem Fortschritt in der Erkenntnis der gesellschaftlichen Bedingungen der Produktion wissenschaftlicher Subjekte entspricht ein Fortschritt in der Erkenntnis des wissenschaftlichen Objekts und umgekehrt. Das ist niemals so deutlich wie dann, wenn die Forschung das Feld der Wissenschaft selbst, das heißt das wahrhafte Subjekt wissenschaftlicher Erkenntnis, zu ihrem Objekt macht.“ (Bourdieu 1999, S. 332)

3.     Die Theorien von Pierre Bourdieu

Nachfolgend werden die wesentlichen Begriffe aus dem Werk von Pierre Bourdieu in kurzen theoretischen Abhandlungen erklärt und gegenüber gestellt. Insgesamt sind diese unterschiedlichen Theorieteile allerdings stark miteinander verschränkt und in höchstem Maße interdependent. Aus diesem Grunde ist es auch schwierig zu entscheiden, mit welchem Konzept hier begonnen werden soll. Die wesentlichen Konzepte sind der Habitus, das Feld und die Kapitalien, die in weiterer Folge expliziert werden sollen, weil sie im empirischen Teil der Arbeit in unterschiedlichem Ausmaß als Grundlage für die Auswertungen herangezogen werden.

3.1.Pierre Bourdieus Feldbegriff

Das soziale Feld ist der erste zentrale Begriff in der bourdieuschen Theoriewelt, den ich in Folge anhand verschiedener Primär- und Sekundärquellen explizieren will.

Bourdieus Begriff des sozialen Feldes meint differenzierte gesellschaftliche Bereiche, hervorgegangen aus der Arbeitsteilung, mit eigenen Ressourcen und eigenen Spielregeln für das soziale Verhalten innerhalb dieses Feldes. (vgl.Müller 1992, S. 263; Iser 1983, S. 67)

Analoge Begriffe – ebenfalls als konstruktivistische Ansätze – findet man unter anderen Bezeichnungen, beispielsweise als „Wertsphären“ bei Max Weber, als „Subsysteme“ bei Niklas Luhmann oder als „Sinnprovinzen“ bei Alfred Schütz. (vgl. Bohn, Hahn 2007, S. 299)

„Die Logik des Feldes lässt sich nur aus der empirischen Beobachtung des Feldes gewinnen, sie gehorcht keinen strukturellen Gesetzen, die für alle Felder gleich sind.“ (Hillebrandt 1999, S. 12)

Diese sozialwissenschaftlich konstruierten Räume dienen dazu, soziale Beziehungen und Netzwerke zu verstehen, Klassen abzugrenzen, Relationen zwischen den handelnden Akteurinnen und Akteuren im Feld aufzuzeigen und die Macht-Komplexität in der realen Welt zu analytischen Zwecken zu vereinfachen um diese theoretisch erklären zu können. Der soziale Raum wird daher zu einem Raum von Unterschieden, von Differenzen und von Akteuren und Akteurinnen mit verschiedenen Wegen und Zielen. Die Ausdehnung eines Feldes ist nur durch die Feldeffekte definiert – wirkt also ein Feld weiter, so hat es eine größere Ausdehnung. (vgl. Müller 2005, S. 36; Müller 1986, S. 164; Schürz 1999 S. 2; Anheier et al. 1995, S. 860; Bohn, Hahn 2007, S. 300)

„Der soziale Raum ist also nicht nur ein Raum von Unterschieden, sondern auch ein Raum von Beziehungen. Diese Beziehungen enthalten auch ein dynamisches Moment: Relevant für die Bewertung der Akteure ist nicht nur die aktuelle soziale Position eines Individuums bzw. einer Gruppe von Individuen in ähnlicher Lage, sondern auch deren Vergangenheit und Zukunft, deren trajectoire oder »Reiseweg« im sozialen Raum, also die Frage, ob es sich um sozial aufsteigende oder absteigende Personen und Gruppen handelt.“ (Krais 2005, S. 92f)

Innerhalb von Feldern geht man davon aus, dass die Akteure und –innen – die an den Feldern beteiligten Individuen – um unterschiedliche soziale Positionen konkurrieren, das führt dazu, dass sich soziale Strukturen etablieren. Soziale Strukturen im Sinne sozialer Räume in denen die Akteure und Akteurinnen unterschiedliche relative Positionen zueinander einnehmen, je nach dem in welchem Ausmaß diese verschiedene Ressourcen besitzen. Zusätzlich gibt es unterschiedliche Karrierewege im Feld, so genannte „Trajectoire“, zukünftige wahrscheinliche Positionen eines Akteurs oder einer Akteurin. (vgl. Anheier et al. 1995, S. 860,Müller 1992, S. 263f)

Ganz wichtig für das Verstehen von Feldern ist nach Bourdieu die Geschichte des Feldes, die sich in den feldimmanenten Regeln und Riten äußert: „Die gesellschaftliche Welt ist akkumulierte Geschichte. Sie darf deshalb nicht auf eine Aneinanderreihung von kurzlebigen und mechanischen Gleichgewichtszuständen reduziert werden, in denen Menschen die Rolle von austauschbaren Teilchen spielen.“ (Bourdieu 1983, S. 183)

Die Logik des Feldes wird als „Spiel“ oder „Kampf“ um Ressourcen und um die symbolische Macht im Feld beschrieben, der zwischen den Akteurinnen und Akteuren im Feld stattfindet. Die historisch gewachsenen Regeln des Feldes werden von den Mitspielern und Mitspielerinnen implizit und unreflektiert durch ihren Feldeintritt angenommen und akzeptiert. Diese Regeln werden als „Illusio“ bezeichnet. (vgl. Bourdieu 2001, S. 110; Hillebrandt 1999, S. 15; Aldridge 1998, S. 4)

Spezifisch für jedes Feld ist die ungleiche Kapitalverteilung zwischen den Akteuren und Akteurinnen. Aus dieser Verteilung der Kapitalien ergeben sich die objektiven Positionen der Beteiligten, aber auch die Kräfteverhältnisse und die daraus resultierenden Strategien der Akteuren und Akteurinnen im Feld. (vgl. Iser 1983, S. 67)

„Die Struktur des Feldes gibt den Stand der Machtverhältnisse zwischen den am Kampf beteiligten Akteuren oder Institutionen wieder, bzw., wenn man so will, den Stand der Verteilung des spezifischen Kapitals, das im Verlauf früherer Kämpfe akkumuliert wurde und den Verlauf späterer Kämpfe bestimmt.“ (Bourdieu 2001, S. 108)

Grundsätzlicher Inhalt der Auseinandersetzung ist immer die Macht und die Anteile am jeweils feldspezifischen symbolischen Kapital. Dieser Grundkonsens über die Existenz eines feldspezifischen symbolischen Kapitals und damit über die Basis der Spielregeln für die Auseinandersetzung bezeichnet Bourdieu als „Doxa“ bzw. „feldspezifische Illusio“ eines Praxisfeldes.

Die Begrifflichkeiten aus dem religiös-kirchlichen Umfeld verwendet Pierre Bourdieu, um die Hauptakteure im Feld zu beschreiben. Die Orthodoxie ist die Feldelite, die Gestaltungsmacht, die in der Lage ist, die geltenden Spielregeln, die Grundprinzipien der feldimmanenten Wahrnehmung und Bewertung, die „Doxa“, zu gestalten. Als „Häresie“ bezeichnet er wiederum die Bewegung der statusniederen Akteure oder Akteurinnen im Feld. Diese versuchen wiederum, selbst in den Besitz der Gestaltungsmacht, der Orthodoxie zu kommen, die Machtverhältnisse und damit auch die symbolischen Werte der einzelnen Kapitalien zu verändern. (vgl. Wissing 2006, S. 194–196)

Allen Spielerinnen und Spielern im Feld gemeinsam ist, dass sie die Illusio akzeptieren, also das Feld und seine Grenzen, sowie die grundlegenden Regeln. Für Akteure und Akteurinnen außerhalb des Feldes ist sowohl die Doxa als auch das Spiel nicht nachvollziehbar – die Wirkung der Illusio ist daher auch die Wirkung des Feldes, mit dem Enden dieser Feldeffekte sind auch die Grenzen des Feldes erreicht. (vgl. Bourdieu 2001, S. 109; Hillebrandt 1999, S. 16; Fuchs-Heinritz, König 2005, S. 146f; Bohn 2005, S. 64)

Der Habitus (siehe Habitus ab Seite 9) ist im Feld die strukturierende Struktur – er determiniert die geltenden „Spielregeln“ und definiert das symbolische Kapital, die Spieleinsätze und die möglichen Positionen im sozialen Raum, sowie ihre Zusammenhänge. (vgl. Iser 1983, S. 69)

„Wer sich am Kampf beteiligt, trägt zur Reproduktion des Spiels bei, indem er dazu beiträgt, den Glauben an den Wert dessen, was in diesem Feld auf dem Spiel steht, je nach Feld mehr oder weniger vollständig zu reproduzieren.“ (Bourdieu 2001, S. 109)

Natürlich gibt es zwischen diesen „Feldillusionen“ und den Wünschen der Akteure und –innen Übereinstimmungen. Jeder Feldakteur oder jede Feldakteurin hat seine/ihre eigenen Bedürfnisse, die er mit Hilfe des Feldes befriedigen will: „Jedes Feld (das religiöse, künstlerische, ökonomische, usw.) bietet seinen Akteuren über die besondere Form, in der es die Verhaltensweisen und Vorstellungen regelt, eine auf eine besondere Form von Iillusio gegründete legitime Form, ihre Wünsche zu verwirklichen.“ (Bourdieu 1999, S. 239)

Für gewisse Positionen innerhalb des Feldes benötigt man auch adäquate Kapitalausstattung (siehe Formen des Kapitals ab Seite 12), man muss also mit feldrelevanter Macht in einer gewissen Mindestgröße ausgestattet sein.

„Diejenigen, die bei gegebenen Kräfteverhältnissen das charakteristische Kapital-(mehr oder weniger vollständig) monopolisieren, neigen eher zu Erhaltungsstrategien – Strategien, die im Feld der Produktion kulturelle Güter tendenziell die Orthodoxie vertreten -, die weniger Kapitalkräftigen dagegen (die oft auch die Neuen und damit meist Jüngeren sind) eher zu Umsturzstrategien – Strategien der Häresie. Erst die Häresie, die Heterodoxie als kritischer, oft im Zusammenhang mit der Krise auftretender Bruch mit der Doxa bringt die Herrschenden dazu, ihr Schweigen zu brechen und jenen Diskurs zur Verteidigung der Orthodoxie, des rechten Denkens im doppelten Sinne, zu produzieren, mit dem ein neues Äquivalent zur schweigenden Zustimmung der Doxa geschaffen werden soll.“ (Bourdieu 2001, S. 109)

3.2.Habitus

Als Habitus bezeichnet Bourdieu die strukturellen Dispositionen, die in weiterer Folge sämtliche Praxis strukturieren. Im Habitus äußern sich daher die inkorporierten Makrostrukturen der Gesellschaft auf persönlicher Mikroebene der Akteure und Akteurinnen. In den Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata der gesellschaftlichen Akteurinnen und Akteure manifestieren sich daher die gesellschaftlichen Normen und Werte. Diese äußern sich vielfältig, beginnend bei der Bedeutung von Symbolen bis hin zum „Geschmack“. (vgl. Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 61–63; Joas 2004, S. 533)

Der Habitusbegriff geht auf Klassiker wie Aristoteles zurück, von wo er in die mittelalterliche Scholastik seinen Weg fand und beschreibt in vielschichtiger Bedeutung den Komplex von Fähigkeiten, Gewohnheiten, Haltung, Erscheinungsbild oder Stil eines individuellen Akteurs. Im Rahmen seiner Praxeologie war für Bourdieu der Habitus die Schlüsselstelle, an der sich die gesellschaftlichen Makrostrukturen mit den akteursspezifischen Mikrostrukturen verbinden. Man könnte den Habitus daher auch als die Schnittstelle zwischen Objektivismus und Subjektivismus bezeichnen. Für Pierre Bourdieu ist er handlungsermöglichend in dem er entlastet und damit rasches situationsgerechtes Agieren erlaubt. (vgl. Bohn, Hahn 2007, S. 295,Krais, Gebauer 2002, S. 18f)

„Der Habitus als ein System von – implizit oder explizit durch Lernen erworbenen – Dispositionen, funktionierend als ein System von Generierungsschemata, generiert Strategien, die den objektiven Interessen ihren Urheber entsprechen können, ohne ausdrücklich auf diesen Zweck ausgerichtet zu sein.“ (Bourdieu 2001, S. 113)

Der Habitus vermittelt zwischen Struktur und Praxis und hat folgende vier Merkmale: aufgrund von Sozialisation ist er internalisierte Gesellschaftsstruktur; er steuert unbewusst über ein System von Dispositionen die Praxisformen; die Individuen folgen trotzdem den eigenen Interessen und Strategien; die Dispositionen sind dauerhaft und stabil, werden oftmals schon in kindlicher Sozialisation internalisiert. (vgl. Müller 1992, S. 257f )

Der Habitus ermöglicht eine „kontrollierte und bedingte Freiheit“ der Akteurinnen und Akteure, die nicht völlig frei sind, da sie sich auf die Makrostrukturen stützen, die handlungsleitend und perspektiven-ermöglichend funktionieren und gleichzeitig weit weg sind von lediglich durch Strukturen gesteuerten Marionetten. (vgl. Iser 1983, S. 59)

Wesentlich erscheint in diesem Zusammenhang, dass sich die Wirkung des Habitus unbewusst entfaltet. Die subjektiven Dispositionen stellen sich dem Individuum als Handlungsmöglichkeiten dar, die in einer bestimmten Situation bestehen, als Wahlfreiheit oder Alternativen, nicht als Begrenzung der individuellen Freiheit.

In Bourdieus Feldtheorie steht der Habitus sozusagen als individueller Schlüssel zum Feld: „Wichtig ist, dass sich die habitualisierten Dispositionen eines sozialen Akteurs in Auseinandersetzung mit der Praxis des Feldes bilden und gegebenenfalls verändern. In der extremsten Form entsteht so ein Habitus, der sich ausschließlich mit dem Feld identifiziert, weil der soziale Akteur seinen gesamten praktischen Sinn aus der Praxis des Feldes gewinnt. So wird er zum Apparatschik, der dem Apparat alles verdankt, und ist folglich nichts weiter als der ‚Mensch gewordene Apparat’“ (Bourdieu 1997d: 44f. zit. in: Hillebrandt 1999, S. 14).

Der Habitus vermittelt für Bourdieu zwischen der Stellung einer Person im sozialen Raum – also auch im beobachteten Feld – und ihrem Verhalten und Einstellungen. Im Habitus hätten sich ihre individuellen Erfahrungen und die ihrer Familie und ihrer Klasse (im Sinne kollektiver Geschichte) verkörperlicht. Zwar sei ausgeschlossen, dass die Mitglieder einer Klasse exakt dieselben Erfahrungen und das auch noch in der gleichen Reihenfolge machten, die Aussicht, mit für diese Klasse typischen Situationen konfrontiert zu werden, sei für sie aber sehr viel größer als für die Angehörigen der anderen Klassen. Dieser Habitus stimmt objektive Chancen und subjektive Erwartungen unter Berücksichtigung der eigenen Grenzen aufeinander ab – er verbindet nutzenorientierte Strategien mit klassen- und feldspezifischen Verhaltensformen. (vgl. Müller 1986, S. 163; Hartmann 2005, S. 259; Iser 1983, S. 61f)

„Geschmack klassifiziert – nicht zuletzt den, der die Klassifikation vornimmt. Die sozialen Subjekte, Klassifizierende, die sich durch ihre Klassifizierungen selbst klassifizieren, unterscheiden sich voneinander durch die Unterschiede, die sie zwischen schön und häßlich, fein und vulgär machen und in denen sich ihre Position in den objektiven Klassifizierungen ausdrückt und verrät.“ (Bourdieu 1987, S. 25)

Der Habitus ist auch im Feld die strukturierende Struktur – er determiniert die geltenden „Spielregeln“ und definiert das symbolische Kapital, die Spieleinsätze und die möglichen Positionen im sozialen Raum, sowie ihre Zusammenhänge. (vgl. Iser 1983, S. 69)

Das Individuum wird daher – im Falle des „ökonomischen Habitus“ – vom Träger eines „Bündel von Präferenzen“[1] zu einer „kohärenten Struktur von Neigungen und Gewohnheiten“. (vgl. Bourdieu 2005, S. 211)

Der Habitus ist allerdings kein mechanisches Prinzip, das im Sinne einer trivialen Maschine eine input-output Relation zustande bringt, sondern es ist eine „konditionierte und eingeschränkte“ Spontaneität, die sich entwickelt; eine „intelligente Antwort“ auf einen aktiv ausgewählten Teilaspekt der Realität. Trotzdem bleibt der Habitus ein ökonomisches Prinzip, erspart er doch aufgrund der Präselektion von Alternativen und Möglichkeiten, die sonst einzeln und (mehr oder weniger) rational bewertet werden müssten, ein enormes Ausmaß an Zeit und Ressourcen. (vgl. Bourdieu 2005, S. 211f)

„Der Habitus ist das generative und vereinheitlichende Prinzip, das die intrinsischen und relationalen Merkmale einer Position in einen einheitlichen Lebensstil rückübersetzt, das heißt in das einheitliche Ensemble der von einem Akteur für sich ausgewählten Personen, Güter und Praktiken.“ (Bourdieu 2007b, S. 21)

Aufgrund der ähnlichen Sozialisationen unterschiedlicher Klassen ist der Habitus auch ein Produkt genau dieser Klassenlagen, sozusagen Mittel zur Reproduktion ihrer sozial spezifischen Habitusformen. Er wird dadurch zum Handlanger der Vererbung von Ungleichheiten in sozialen Systemen. (vgl. Joas 2004, S. 548)

Eine wichtige Eigenschaft des Habitus ist der so genannte „Hysteresis-Effekt“. Bourdieu geht davon aus, dass habituelle Dispositionen über lange Zeit konstant bleiben, also auch noch, wenn sich die Umwelt oder auch das für den Habitus verantwortliche Feld schon längst verändert haben. Durch die langsame Anpassung des Habitus passen die inkorporierten Strukturen nicht mehr zur objektiven externen Struktur, also aufgrund der langsamen Veränderung der strukturierenden Struktur im Vergleich zur Realität stehen die subjektiven Bewertungsschemata nicht im Einklang mit den externen Bewertungsschemata des Feldes oder der Gruppe. Dann werden beispielsweise falsche symbolische Kapitalien zugeschrieben, wie das etwa im Bereich des institutionalisierten kulturellen Kapitals passieren kann. (vgl. Bohn, Hahn 2007, S. 297)

Auch Generationenkonflikte entwickeln sich aufgrund dieses Hysteresis-Effekts . Man erkennt, der Habitus wirkt aufgrund seiner langsamen Adaption als konservierender Faktor durch die Determinierung der Möglichkeiten des Handelns. Diese konservative Eigenschaft hilft mit, den Habitus in Krisen vor der „Infragestellung“ zu schützen. (vgl. Iser 1983, S. 63f,Bohn, Hahn 2007, S. 297)

Bourdieu erklärt also mit seinem Habituskonzept die Feldwirkung auf individueller Ebene. Er benutzt dazu eine doppelte Wirkung, die er generatives und reproduzierendes Prinzip nennt. Auf der einen Seite strukturiert der Habitus soziale Praxis und auf der anderen Seite reproduziert er soziale Struktur. (vgl. Iser 1983, S. 53)

„Er ist ein generatives Prinzip und somit »strukturierende Struktur« bzw. »opus operandi«, insofern er sozial strukturierende Praxisformen hervorbringt, die im Lauf der Zeit durch individuelle Aneignung oder, wie Bourdieu sich ausdrückt: durch Einverleibung gesellschaftlicher Strukturen und die Ausbildung dauerhafter Dispositionen ermöglicht werden. Der Habitus ist reproduzierendes Prinzip und somit »strukturierte Struktur« bzw. »opus operatum«, insofern die individuelle Praxisformen den sozial strukturierten Dispositionen gemäß gewählt werden und auf diese Weise zur Aufrechterhaltung der ursprünglichen strukturellen Konstellationen beitragen.“ (Müller 1992, S. 256)

„Com grano salis kann man festhalten: Je egalitärer eine Gesellschaft, desto bedeutender werden die feinen Unterschiede. Differenz distinguiert.“ (Müller 2005, S. 34)

3.3.Kapital

Ein wesentlicher Begriff in Bourdieus Theoriegebäude ist das Kapital. Er definiert Kapital als „akkumulierte Arbeit“. (Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 49), womit er an die marxistische Tradition anknüpft. Bourdieus Kapitalbegriff geht aber deutlich weiter, als der simple ökonomische Sinn als monetäre Ressource wie sie der Autor des Werks „Das Kapital“ Karl Marx im 19. Jahrhundert definiert hat[2]. Kapital ist bei Bourdieu als generalisierte Ressource zu verstehen, die monetär oder nichtmonetär sein kann und materiell bzw. auch immateriell.

Als Kapital betrachtet Pierre Bourdieu unterschiedliche Formen von Ressourcen, deren Wert sich erst im spezifischen Feld aufgrund von Definitions-, Macht-, und Verteilungskämpfen ergibt. Die Verteilung der Kapitalien ergibt die spezifischen Machtverhältnisse im Feld und gibt damit auch die Positionen der Subjekte im sozialen Raum wieder. Bourdieus Kapitalsorten verstehen sich allerdings nicht als vollständige Aufzählung aller Varianten von Macht; je nach untersuchtem Feld kann auch eine neue andere Ressource in Form feldspezifischem Kapitals hinzukommen. (vgl. Iser 1983, S. 70f)

„Als vis insita ist Kapital eine Kraft, die den objektiven und subjektiven Strukturen innewohnt; gleichwohl ist das Kapital – als lex insita – auch grundlegendes Prinzip der inneren Regelmäßigkeiten der sozialen Welt.“ (Bourdieu 1983, S. 183)

3.3.1  Formen des Kapitals

Bourdieu unterscheidet als Idealfall im Prinzip drei unterschiedliche Kapitalien, die von ihm je nach untersuchtem Feld auch angepasst wurden:

„In welcher Gestalt es jeweils erscheint, hängt vom jeweiligen Anwendungsbereich, sowie den mehr oder weniger hohen Transformationskosten ab, die die Voraussetzungen für sein wirksames Auftreten sind: Das ökonomische Kapital ist unmittelbar und direkt in Geld konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in der Form des Eigentumsrechts; das kulturelle Kapital ist unter bestimmten Voraussetzungen in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von schulischen Titeln; das soziale Kapital, das Kapital an sozialen Verpflichtungen und »Beziehungen«, ist unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls in ökonomisches Kapital konvertierbar und eignet sich besonders zur Institutionalisierung in Form von Adelstiteln.“ (Bourdieu 1983, S. 184f)

Als ökonomisches Kapital versteht Bourdieu geldwerte Einkünfte und andere finanzielle Ressourcen, die auch in Form von institutionellen Eigentumsrechten auftreten können, dieser Begriff ist mit Marxens Definition im Einklang. (vgl. Iser 1983, S. 75)

Eine weitere Kapitalart ist das kulturelle Kapital, also (Aus-) Bildung, die Summe von theoretischem und praktischem Wissen, das in unterschiedlicher Form auftreten kann. Soziales Kapital als dritte von Bourdieu definierte Kapitalform beschreibt die Summe der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die durch die Teilnahme bzw. Mitgliedschaft an sozialen Netzwerken und Organisationen mobilisiert werden können. Das symbolische Kapital wird feldspezifisch aus den anderen Arten bestimmt und tritt oft verschleiert („euphemisiert“) auf. In späteren Arbeiten definierte Bourdieu auch andere feldspezifische Kapitalien (siehe Weitere Kapitalien ab Seite 18). (vgl. Bohn 2005, S. 862; Savage et al. 2005, S. 40)

„Die Tatsache der gegenseitigen Konvertierbarkeit der verschiedenen Kapitalarten ist der Ausgangspunkt für Strategien, die die Reproduktion des Kapitals (und der Position im sozialen Raum) mit Hilfe möglichst geringer Kapitalumwandlungskosten (Umwandlungsarbeit und inhärente Umwandlungsverluste) erreichen möchten. Die unterschiedlichen Kapitalarten unterscheiden sich nach ihrer Reproduzierbarkeit, also danach, wie leicht sie sich übertragen lassen.“ (Bourdieu 1983, S. 197)

Die unterschiedlichen Kapitalformen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Konvertibilität[3] und Liquidität, aber auch in Bezug auf Effekte wie beispielsweise Inflation. Während ökonomisches Kapital am leichtesten umzusetzen und in andere Kapitalformen transferiert werden kann, ist es komplizierter und dauert es länger, kulturelles Kapital zu akkumulieren. Auch soziales Kapital ist schwerer zu akkumulieren bzw. mobilisierbar. (vgl. Bohn 2005, S. 862)

Je nach Dominanz der Kapitalformen in verschiedenen sozialen Feldern entwickeln sich auch die sozialen Strukturen unterschiedlich. Die Vorherrschaft von ökonomischem Kapital beispielsweise führt zu geringerer Segmentation und leicht durchgängigen aber starren Hierarchien. Eine Dominanz von Sozialkapital führt in der Regel zu vielen wenig institutionalisierten Segmenten, die ein komplexes soziales Netzwerk formen. Eine Prädominanz von (symbolischem) kulturellem Kapital schließlich führt zu hierarchischen und segmentierten Sozialstrukturen. (vgl. Bohn 2005, S. 865f)

Grund dafür ist das laufende Spiel im Feld, der Kampf um die Vormachtsstellung, der mittels unterschiedlicher Kapitalausstattung der Akteurinnen und Akteure stattfindet. (siehe dazu auch: Pierre Bourdieus Feldbegriff ab Seite 6)

3.3.2  Kulturelles Kapital

„Der Begriff des kulturellen Kapitals hat sich mir bei der Forschungsarbeit als Forschungshypothese angeboten, die es gestattete, die Ungleichheit der schulischen Leistungen von Kindern aus verschiedenen sozialen Klassen zu begreifen. Dabei wurde der Schulerfolg, d.h. der spezifische Profit, den die Kinder aus verschiedenen sozialen Klassen und Klassenfraktionen auf dem schulischen Markt erlangen können, auf die Verteilung des kulturellen Kapitals zwischen den Klassen und Klassenfraktionen bezogen.“ (Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 53)

Kulturelles Kapital kann man in drei Formen finden: als inkorporiertes Kapital, verinnerlichtes kulturelles Kapital, als objektiviertes kulturelles Kapital in unterschiedlichsten Artefakten und in Form von institutionalisierten so genannten „Bildungstiteln“. (vgl. Bourdieu 1983, S. 185)

Als objektiviertes kulturelles Kapital versteht man Schriften, Gemälde, Kunstwerke, technische Entwicklungen, also menschliche Artefakte. Diese Ressourcen können zwar mit ökonomischem Kapital erworben werden, ihre Verwendung ist allerdings an die Möglichkeit der Dekodierung gebunden, bedarf daher inkorporiertes, also verinnerlichtes kulturelles Kapital. (vgl. Iser 1983, S. 72)

„Inkorporiertes [kulturelles] Kapital ist ein Besitztum, das zu einem festen Bestandteil der »Person«, zum Habitus geworden ist; aus »Haben« ist »Sein« geworden. Inkorporiertes und damit verinnerlichtes Kapital kann deshalb (im Unterschied zu Geld, Besitz- oder sogar Adelstiteln) nicht durch Schenkung, Vererbung, Kauf oder Tausch kurzfristig weitergegeben werden.“ (Bourdieu 1983, S. 187)

Als empirische Größe zur Messung von kulturellem Kapital schlägt Bourdieu vor, die Zeit zu verwenden, die zum Erwerb des kulturellen Kapitals benötigt wird, da diese – ganz nach dem alten Spruch „Zeit ist Geld!“ – den direkten Konnex zum ökonomischen Kapital herstellt: „Die stärkste Grundlage für die symbolische Wirksamkeit von kulturellem Kapital ergibt sich zweifellos aus der Logik der Übertragung. […]Es ist unmittelbar ersichtlich, daß die zum Erwerb erforderliche Zeit das Bindeglied zwischen ökonomischen und kulturellem Kapital darstellt.“ (Bourdieu 1983, S. 188)

Institutionalisiertes kulturelles Kapital wird von einer gesellschaftlich legitimierten Institution bescheinigt und nivelliert daher graduelle Unterschiede, denn entweder hat man die Prüfung für einen Bildungstitel bestanden, oder man hat dies nicht. Es handelt sich also um kategoriale Bezeichnungen für Bildungstitel, die in unterschiedlichem Ausmaß, je nach Feld einen gewissen Wert haben. Der Bildungstitel, das institutionalisierte kulturelle Kapital ist nach dem Erwerb aus sozialer Sicht auch vom ursprünglich damit verknüpften Wissen entkoppelt und damit unabhängig. Die feldspezifische Verknüpfung mancher Positionen im Feld an gewisse Bildungstitel – man denke nur an die so genannten A-Beamten – und damit an ein spezifisches institutionalisiertes kulturelles Kapital macht auch die starke symbolische Wirkung dieser Ressource aus.

„Der Staat ist für Bourdieu dann auch als amtsgewaltiger Wächter über Titel und Patente einer Zentralbank vergleichbar, seine Bezugsgröße sind die Kurse für symbolische Kapitalien.“ (Bohn 2005, S. 68f)

Diese Titel der Bildungsinstitutionen entscheiden dann mitunter über die zukünftige Entwicklung. Hier wird gesellschaftlich festgestellt ob kulturelle Kompetenz besteht, oder nicht.

„Offenkundig wirkt der Bildungstitel wie ein Adelsprädikat: Dem gebildeten garantiert er eine gewisse Ausbildung, eine bestimmte Art, die Dinge zu sehen (‚Manieren‘ im französischen Sinn) und eine qua Bildungsstatus zugeschriebene Kompetenzvermutung, die im einzelnen nicht nachgeprüft wird.“ (Müller 1986, S. 177)

Das Gegenteil passiert Personen, die eine derartige Legitimation einer „alma mater“ nicht haben. Sie werden im Feld laufend wieder ihre Kompetenzen beweisen und sich Tag für Tag um Anerkennung bemühen müssen. Viele Felder sind für diese „Amateure“ überhaupt gesperrt, man denke an Juristen ohne Universitätsabschluss, oder an Ärzte, die nicht studiert haben.

„Der schulische Titel ist ein Zeugnis für kulturelle Kompetenz, das seinem Inhaber einen dauerhaften und rechtlich garantierten konventionellen Wert überträgt. “ (Bourdieu 1983, S. 190)

Das kulturelle Kapital ist allerdings auch die Möglichkeit, soziale Distinktionen über die Generationen weiter zu geben. Durch die frühzeitige habituelle Manifestation kulturellen Kapitals entwickeln sich Kinder aus „höheren Klassen“ anders, als solche aus der Unterschicht.

Familien bezeichnet Bourdieu als Körperschaften, die versuchen, ihre Macht und ihre Privilegien zu perpetuieren, das heißt immer und immer wieder zu reproduzieren. Diese Reproduktionsmechanismen manifestieren sich in Fortpflanzungs-, Heirats-, Nachfolge-, Wirtschafts- und auch Bildungsstrategien. Je bedeutender das kulturelle Kapital innerhalb einer Familie ist, und je wichtiger das kulturelle Kapital gegenüber dem ökonomischen Kapital ist, umso stärker investieren die Familien in die Bildung. (vgl. Bourdieu 2007a, S. 35)

Aus dieser Position kann man auch verstehen, warum die zuvor aufgestellte These, „institutionalisiertes kulturelles Kapital diene dazu, gesellschaftlich festzustellen, ob adäquate kulturelle Kompetenz besteht, oder nicht“, in vielen Fällen nur die tatsächlichen sozialen Strukturen euphemisiert und dazu dient, die Perpetuierung von Eliten zu verschleiern, was Elitenforscher, wie der deutsche Soziologe Hartmann (vgl. Hartmann 2002, S. 371) immer wieder aufzeigen: Zwar nehmen die Abschlüsse an den Universitäten zu, auch die Zahl der Promotionen steigt – doch die symbolische Wirkung der Bildungstitel wurde insofern angepasst, als dass nun gewisse Studien von bestimmten Universitäten[4] benötigt werden, damit die Führungskräfte in der Wirtschaft wieder „unter sich“ bleiben können.

„Weil die Aneignung der Kulturgüter Anlagen und Kompetenzen voraussetzt, die ungleich verteilt sind (obwohl scheinbar angeboren), bilden diese Werke den Gegenstand einer exklusiven (materiellen und symbolischen) Aneignung, und weil ihnen die Funktion von (objektiviertem oder inkorporiertem) kulturellem Kapital zukommt, sichern sie einen Gewinn an Distinktion – im Verhältnis zum Seltenheitsgrad der zu ihrer Aneignung notwendigen Instrumente – und einen Gewinn an Legitimität, den Gewinn überhaupt, der darin besteht, sich so, wie man ist, im Recht, im Rahmen der Norm zu fühlen.“ (Bourdieu 1987, S. 359)

3.3.3  Adaptionen zum kulturellen Kapital in anderen Studien

Aufgrund der Definition der Kapitalien als generalisierte Ressourcen im Sinne von unterschiedlicher Macht diversifizieren sich diese innerhalb der Felder, die sich ja selbst im Laufe ihrer Entwicklungen immer wieder in Subfelder aufteilen. So entstehen, je nach Feld und herrschender Doxa verschiedene weitere Kapitalarten und Unterarten.

„Habitus und symbolische Kapitalien haben sich längst anhand der Felder diversifiziert: in universitäres Kapital, juridisches Kapital, religiöses Kapital etc., die letztlich als feldspezifische Machtformen begriffen werden, deren gesamtgesellschaftlicher »Wert« im Machtfeld umkämpft wird.“ (Bohn 2005, S. 61)

Pierre Bourdieu hat in seiner Arbeit über das wissenschaftliche Feld „homo academicus“ (vgl. Bourdieu, Schwibs 2006, S. 82–99) selbst bereits Adaptionen zu seinen „reinen“ Kapitaltypen angewendet. Seine Indikatoren in der Vollerhebung von akademischen Würdenträgern an französischen Universitäten in der Monographie „homo academicus“ operationalisierte er anhand von Variablen wie „ererbtes oder erworbenes Kapital“, „Bildungskapital“, „Universitäres Machtkapital“, „wissenschaftliches Machtkapital und Prestige“, „intellektuelle Prominenz“ und „politisches oder ökonomisches Machtkapital“.

Betrachtet man – als weiteres Beispiel zur Adaption von kulturellem Kapital – den Krieg als sozialen Raum, so gibt es einige für die Kriegssituation spezifische soziale Eigenschaften, da sich im Laufe eines kriegerischen Konflikts die Gesellschaft-strukturierenden Wirkungen der einzelnen Kapitalformen – je nach Stand der Kampfhandlungen und sozusagen geltender Doxa – laufend verändern. Nicht zuletzt verändern sich auch die Institutionen, die kulturelles Kapital anerkennen und institutionalisieren. Verschiedenes akkumuliertes kulturelles Kapital, das nicht unmittelbar kriegsrelevant, also militärisch verwendbar ist, verliert an Wert, während beispielsweise Gewaltkompetenz an symbolischer Relevanz gewinnt. Eine analytische Betrachtung legt also nahe, das institutionalisierte kulturelle Kapital also für das Feld des Krieges in militärisch relevantes und militärisch nicht relevantes zu kategorisieren. (vgl. Frank 2007, S. 5f)

Ein weiteres Beispiel zur Adaption und Konkretisierung des kulturellen Kapitals ist die Dissertation von Sarah Thornton (vgl. Thornton 1995, S. 11), die jugendliche Clubkultur in Großbritannien untersucht hat. Sie unterscheidet verschiedene so genannte „subkulturelle Kapitalien“ nach ihrer symbolischen Wirkung in den jeweiligen distinkten Subkulturen. Aus der Perspektive der jeweiligen Subkultur handelt es sich nämlich dabei um Prestigebringende und damit distinguierende feldspezifische Ressourcen und damit ganz im Sinne Pierre Bourdieus um Kapitalien: „In thinking through Bourdieu’s theories in relation to the terrain of youth culture, I’ve come to conceive of ‘hipness’ as a form of subcultural capital.“ (Thornton 1995, S. 11)

Auch eine deutsche Studie zur regionalen Mobilität von Personen in strukturschwachen Bereichen im deutschen Bundesland Sachsen unterschied zwischen „regionalspezifischen Kapitalien“ und allgemeinen, also beispielsweise zwischen regionalspezifischem kulturellen Kapital  und institutionalisiertem kulturellen Kapital. Zum ersteren zählten beispielsweise Wissen über die regionale Geschichte, die Aneignung eines spezifischen Dialekts und die generelle Identifikation mit der Region. Es wurde nachgewiesen, dass regionalspezifisches kulturelles Kapital die Mobilität senkt, während institutionalisiertes kulturelles Kapital diese hebt (vgl. Skrobanjek, Jobst 2006, S. 229f).

3.3.4  Soziales Kapital

Da es verschiedene Effekte gibt, die sich nicht allein auf die Gesamtheit der individuellen Ressourcen eines Akteurs oder einer Akteurin reduzieren lassen, hat Pierre Bourdieu das Konzept des sozialen Kapitals eingeführt. Darunter versteht man die Mobilisierungsfähigkeit von Gruppenkapital, das über Beziehungsnetze der Akteurinnen und Akteure zur individuellen Verwendung potentiell zur Verfügung steht. Das soziale Kapital erlaubt beispielsweise Mitgliedern von Clubs oder Vereinigungen materielle und auch symbolische Profite, zur Aufrechterhaltung müssen allerdings auch laufend soziale „Investitionen“ getätigt werden. (vgl. Iser 1983, S. 74f)

Das soziale Kapital beinhaltet die mobilisierbaren Ressourcen, die aus persönlichen Netzwerken bzw. Kontakten entstehen. „Das Gesamt-Kapital, das die einzelnen Gruppenmitglieder besitzen, dient ihnen allen gemeinsam als Sicherheit und verleiht ihnen – im weitesten Sinne des Wortes – Kreditwürdigkeit.“ (Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 63)

Das Sozialkapital entsteht aus den persönlichen Netzwerken der sozialen Akteurinnen und Akteure und es verändert sich je nach Mobilisierbarkeit dieser Kontakte und ihrer Ressourcen. „Der Umfang des Sozialkapitals, das der einzelne besitzt, hängt demnach sowohl von der Ausdehnung des Netzes der Beziehungen ab, die er tatsächlich mobilisieren kann, als auch vom Umfang des (ökonomischen, kulturellen oder symbolischen) Kapitals, das diejenigen besitzen, mit denen er in Beziehung steht.“ (Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 64)

Um soziales Kapital zu akkumulieren, bedarf es natürlich auch einiges an Anstrengungen, so genannte Beziehungsarbeit. Man muss laufend Kontakt halten und im Wege des eigenen Beziehungsnetzes in Kontakt stehen. (vgl. Bourdieu, Steinru?cke 2005, S. 65)

Gerade Netzwerke sind es, die die bewährten Klassenreproduktionsmechanismen verstärken. Die Alumni-Clubs der Business-Schools, Absolventenvereine der Privatschulen, gemeinsame Freizeitbeschäftigungen, wie Golfspielen oder der Opernbesuch verstärken Segregationseffekte und vermitteln Beziehungen, die sonst nicht geknüpft würden: „Sie sitzen in den Kontrollgremien der wichtigsten Unternehmen, steuern die Kommunikation Dritter und sind immer höchstens drei Handschläge voneinander entfernt“, so beschreibt das Industriemagazin (vgl. Loidl 2007) die Elite der Österreichischen Wirtschaft, die mittels einer Netzwerkanalyse aus den Daten des Österreichischen Firmenbuchs in einem Ranking zusammengefasst wurden.

Wesentliche Betrachtungen in dieser Hinsicht stellte beispielsweise der amerikanische Soziologe Mark Granovetter in seinem Werk „The strength of weak ties“ an. Granovetter zeigt in seiner Studie, dass es für die Erfolgschancen von Arbeitssuchenden wesentlicher ist, über so genannte „weak ties“ (schwache Verbindungen) verbunden zu sein, also über Bekanntschaften und lose Freundschaften, als über starke Verbindungen innerhalb von Gruppen. Grund ist, dass innerhalb von Gruppen mit hoher Kohäsion auch kaum Neuigkeiten oder andere Perspektiven kommuniziert werden, diese kommen – so wie auch adäquate Jobangebote – von außerhalb dieser sozialen Gruppen. (vgl. Florian, Hillebrandt 2006, S. 203–210)

3.3.5  Weitere Kapitalien

Pierre Bourdieu selbst verwendete seinen Kapitalbegriff eher unsystematisch und vor allem in seinem Spätwerk – beispielsweise bei der Beschreibung von Firmen als ökonomische Akteure in „The Social Structures of the Economy“– verstand er die Kapitalsorten deutlich breiter, als zuvor in den „Feinen Unterschieden“. Die Grundannahmen zu diesen generalisierten Ressourcen, ihre grundlegenden Wirkungen und Regeln bleiben allerdings bestehen.

Die Kapitalien nach denen Bourdieu (vgl. Bourdieu 2005, S. 194f) das ökonomische Feld definiert sind folgende: Das Finanzkapital (dieses Kapital ist die Hauptbedingung für Akkumulation, aber auch für die Erhaltung aller anderen folgenden Kapitalien); das kulturelle Kapital eines Unternehmens, das technologische Kapital (dieses Kapital ermöglicht die Differenzierung und die Weiterentwicklung von Firmen auf Basis von Forschung und Entwicklung), das juristische Kapital, das Organisationskapital (Informationen über das Feld), das Handelskapital, das soziale Kapital (dieses Kapital aktiviert alle anderen Kapitalien über Beziehungsnetzwerke), das symbolische Kapital (repräsentiert Vertrauen und Glaubwürdigkeit aller anderen Kapitalien nach Außen).

Diese Kapitalien wirken zwar auch über den Preismechanismus, vor allem aber wirken sie über strukturelle Mechanismen und Veränderungen. Diese Perspektive der Wirkung über Struktur wird von den neoklassischen ökonomischen Theoretikern strikt abgelehnt, diese kennen lediglich die interaktionistischen Wirkungen an der Schnittstelle vom Verkäufer zum Käufer.

Denn die relative Position einer Firma innerhalb des ökonomischen Subfeldes modifiziert gleichzeitig auch die relative Position und den Gewinn aller Kapitalien der anderen Firmen des Subfeldes (vgl. Bourdieu 2005, S. 195).

Je schlechter eine Firma im Feld positioniert ist, desto mehr ist der Raum der Möglichkeiten – prädeterminiert über den folgend beschriebenen „ökonomischen Habitus“ für diese Firma eingeschränkt – und vice versa, je stärker die Position eines Unternehmens im Feld ist, desto mehr Einfluss hat das Unternehmen auf das Feld und kann die Regeln des feldimmanenten Spiels und damit auch den relativen Wert seiner Kapitalien selber mitbestimmen.

3.3.6  Kapitalien und das Feld der Nonprofit-Organisationen (NPO)

Um im Feld der NPO herauszufinden, welches die relevanten Kapitalien sind, was sozusagen innerhalb der Illusio als „symbolisches Kapital“ Wirkung entfaltet, versuchte eine Studie aufgrund von Interviews zu erarbeiten, die mit Vertretern der Orthodoxie im Feld durchgeführt wurden: Eine qualitative Wiener Studie (vgl. Aghamanoukjan et al. 2007, S. 155–157) von 17 Interviews mit Führungskräften aus dem Profit- und dem Nonprofit-Sektor zeigt die Unterschiede in der Selbsteinschätzung, was die Relevanz der unterschiedlichen Kapitalarten nach der Bourdieuschen Theorie angeht: Für den NPO-Bereich erweist sich das ökonomische Kapital als besonders wichtig, während für die Manager aus dem Forprofit-Bereich das soziale Kapital als wichtiger gilt. In einer Detailbetrachtung sieht man allerdings, dass sich NPO-Manager auch auf das organisationale Umfeld beziehen, also die finanzielle Unsicherheit der Organisation auf diese Studie ausstrahlt. Hinsichtlich des kulturellen Kapitals, dessen Bedeutung in beiden Sektoren gleich eingeschätzt wird, ist es im NPO-Bereich unbestritten, selbst viele Aus-, Fort- und Weiterbildungen zu besuchen und das eigene Kompetenzniveau laufend zu erhöhen, die tatsächlichen Titel in Form von institutionalisiertem kulturellem Kapital sind nach dieser Studie eher im Forprofit-Bereich von Bedeutung.

Natürlich ist ein Feld oftmals nicht so strukturiert, wie sich das die Orthodoxie im Feld wünscht. Gerade die verschleiernden Wirkungen symbolischen Handelns als ein Teil der Machtausübung der Orthodoxie verwäscht die relative Relevanz von verschiedenen Kapitalausstattungen der Akteurinnen und Akteure im Feld, der Habitus mit seinen Beurteilungs- und Wahrnehmungsschemata tut sein übriges, um die Realstruktur zu verschleiern. Aus diesem Grund kann die oben zitierte Studie auch nur eine grobe Richtung der Strukturierung des sehr heterogenen Feld der NPO geben, deren tatsächliche Relevanz für das Feld des Österreichischen Roten Kreuzes später überprüft werden soll.


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[1] Das ist die neoklassische mikroökonomische Sicht auf den Konsumenten, bei der ceteris paribus alle sozialen Randbedingungen egalisiert werden.

[2] „Historisch tritt das Kapital dem Grundeigentum überall zunächst in Form von Geld gegenüber, als Geldvermögen, Kaufmannskapital und Wucherkapital.“ (Marx 1962, S. 161)

[3] Die Konvertierbarkeit ist unter anderem auch eine der Grundvoraussetzungen, die Bourdieu für sämtliche Kapitalien definiert.

[4] Diese bezeichnet man dann konsequenterweise Elite-Universitäten. Eine Tendenz, die in den Vereinigten Staaten schon lange Tradition hat, kommt damit auch nach Europa.

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