re:campaign in Berlin ein erstes Resumee des ersten Tags

Ich habe mich ganz ehrlich schon Wochenlang gefreut auf die Konferenz re.campaign, schon seit dem mich Robert Dürhager Ende Jänner angefragt hat:

Als Leiter für New Media beim Österreichischen Rotes Kreuz, der bloggt, twittert und im Austausch mit Unterstützern eine Social-Media-Policy für die Organisation entwickelt, wäre es toll, wenn du einen Workshop zum Thema „NGOs und ePartizipation – Wege zur offenen Organisation“ halten könntest. Das genaue Thema können wir noch absprechen, Ziel ist es aber ein Blick auf die interne Organisationsentwicklung zu werfen, die eine Online-Partizipation von Unterstützern bei einer NGO erst möglich macht.

Da war ich nun in Berlin. Nach drei anstrengenden Tagen re:publica in der Kalkscheune gleich hinter dem Friedrichstadtpalast in „Mitte“, wie die Bewohnerinnen der Deutschen Bundeshauptstadt diesen Stadtteil im ehemaligen „Osten“ der Stadt nennen.

Re:wer?

Zielgruppe der re:campaign, die sich auf online Campaigning für NGOs fokussiert hat, waren daher die Onliner und Blogger, sowie Kommunikationsexpertinnen der NGO-Szene im deutschsprachigem Raum. Viele bekannte Gesichter konnte ich erstmals live und in Farbe sehen – für mich stand daher auch neben den vielen interessanten Workshops und Barcamp-Sessions auch der Networking-Faktor – das Soziale Kapital, um meinen obligatorischen Bourdieu-Verweis zu liefern – im Vordergrund.

Aus der Website: Die re:campaign ist die NGO-Konferenz für Online-Kampagnen. Am 16. und 17. April 2011 zeigen Sprecher von Amnesty, Campact, Caritas, Greenpeace, WWF u.v.a die neuesten Trends und handfeste Tipps zum Thema Web 2.0 für zivilgesellschaftliche Akteure. 2 Keynotes, 15 Workshops, 1 Barcamp und der Open Space sorgen für viel Input und Dialog.

Das Programm der re:campaign war interessant, als erste Key-Note konnten wir Patrick Meier von Ushahidi erleben, der über seine Projekte des crowd-sourced live mappings gesprochen hat und über die proaktive Hilfe, die seine Tools zum Beispiel in Haiti leisten konnten.

Patrick Meier. Hier bin ich im Auditorium in der ersten Reihe von hinten zu sehen .-)
Patrick Meier. Hier bin ich im Auditorium in der ersten Reihe von hinten zu sehen .-)

Crowdmapping als Volunteering-Plattform

Interessant ist die Open Source Netzwerk-Mapping-Plattform Ushahidi am eigenen Server definitiv. Wir überlegen auch, diese mal einzusetzen, allerdings wissen wir noch nicht im Detail wofür. Doch, und auch das machte Patrick Meier in seinem Vortrag deutlich, die Technik hat an erfolgreichen Projekten nur einen Anteil von 10%, der Rest ist eine interessante Idee und eine gute Umsetzung. Eine wichtige Erkenntnis, gehen Menschen doch sonst immer davon aus, dass es die Technik sei, die den Erfolg prädeterminiert.

Der Bericht über das Crowd-Sourcing von Ushahidi beim Erdbeben in Haiti zeigt deutlich, wie online-Volunteering auch funktionieren kann. Mehr als 4.000 Freiwillige auf der ganzen Welt waren im Einsatz, um eingehende Meldungen zu verorten und in die Karten richtig einzutragen – Freiwillige, die so von daheim, von der Uni oder aus dem Büro dazu beigetragen haben, die Auswirkungen der Erdbeben-Katastrophe in Haiti für die Betroffenen nicht ganz so dramatisch zu machen, die Hilfe vor Ort zu unterstützen und damit die Welt ein klein wenig verbessert zu haben.

Das Thema „Tools of Change“ war Inhalt der zweiten Keynote von Jillian C. York aus Cambridge, die auch auf der re:campaign Page gut dokumentiert ist. Ich selbst konnte daran leider aus Zeitgründen nicht beiwohnen.

Am Nachmittag war es dann so weit. In einem knackevollen Workshop-Raum konnte ich meine Session: Multidimensionale Partizipation – Wege zu offenen Organisationen halten und dabei einerseits den Prozess zu unserer Social Media Policy und andererseits den Leitbildprozess darlegen. Lange Diskussionen und viele Fragen, gerade beim Thema Social Media Policy haben dann zum Einschreiten von Robert Dürhager geführt, der versucht hat schlussendlich die zeitlichen Grenzen der Session doch noch einzuhalten.

Sozialer Wandel und die aufgehobene Grenze zwischen Innen und Außen

Grundthese meiner Präsentation, ich habe versucht die Prozesse selbst in eine Art theoretisches Framework einzubetten, ist der soziale Wandel, der zu aufgelösten Grenzen und multizentralen gesellschaftlichen Strukturen führt. Als Kommunikationstools dieser neuen Gesellschaft haben sich soziale Medien etabliert, die ergänzend zu den bestehenden Kanälen Verwendung finden. Mit diesem Wandel einher geht meiner Meinung auch eine neue Unterscheidung zwischen intern und extern, die man nicht rein binär sehen kann, wie das für die Luhmannsche Systemtheorie typisch wäre. Aus meiner Sicht existiert ein Kontinuum hinsichtlich des Interesses einerseits und des Involvements andererseits, in das man die intern/extern Beziehung interpretieren kann. Das führt dazu, dass man auch in partizipativen Prozessen nicht mehr zwischen Innen und Außen differenzieren muss – im Gegenteil, warum nicht Stakeholder von außen einbinden, die auch selbst jenseits der Organisationskultur denken können?

Podcast von Hannes Jähnert zu meinem Workshop im Sinne eines „vorher-nachher“-Eindrucks: Der Plan und was dann geschah.

Nach meinem Workshop besuchte ich, bei Sebastian Schwiecker den Workshop zu Transparenz von NPOs der sich dem deutschen Markt widmete, auf dem unzählige unterschiedliche Gütesiegel existieren, deren bekanntestes angeblich max. 10% Bekanntheit unter SpenderInnen hat. Die anschliessend geplante Teilnahme bei „Social Media Monitoring“ musste wegen des großen Andrangs storniert werden. Glaubt man twitter, so war die Session sehr vertriebslastig – summa summarum also: „nix versäumt“.

Soziales Kapital akkumulieren

Ich nutzte die Zeit für viele Kontakte mit Menschen und –Innen, die ich schon seit langer Zeit digital und virtuell kenne, bis dato aber noch nicht live zu betrachten in der Lage war. Zusätzlich konnte ich viele andere kennen lernen, aus Berlin, Deutschland, Österreich und sogar aus Griechenland. Gerade der Netzwerk-Teil dieser Konferenz war für mich absolut das Highlight. Gäbe es dazu noch das eine oder andere Snack (wenn geht nicht vegan) zu kaufen und vielleicht sogar einen (politisch offenbar unkorrekten) Espresso, so wäre auch das Umfeld dafür perfetto gewesen und ich hätte gar nicht aus der Kalkscheune raus müssen, um meinen Koffein-Spiegel zu heben.

Wir haben die #npoblogparade im Rahmen der Konferenz auch endlich mal in real life mit Currywurst und Bier (Danke Brigitte für die Unterstützung meiner Veganophobie) diskutieren können.

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