Wieder einmal ist die Blogparade der Grund für mich, eine tiefere Auseinandersetzung mit einem NPO-Marketingthema zu beginnen.
[N]och sind NPOs – und ich schließe hier die Kunst- und Kulturbetriebe (zumal sie mir am Vertrautesten sind) mit ein – mit dem Einsatz dieses Mediums [Anm: Bewegtbilder]sehr zögerlich.
Das schreibt Ulrike Schmidt in ihrem Kultur 2.0 Blog als Einleitung zur entscheidenden Frage: „Warum werden Bewegtbilder von NPOs noch so wenig genutzt?”
Ich versuche hier wieder einmal einen praktischen Zugang, wenn auch aus der Position einer großen und internationalen NPO.
Zunächst einmal will ich die Frage hinterfragen: Was heisst wenig in diesem Kontext? Werden Bewegtbilder wirklich „zu wenig“ genützt? Ich denke das nicht, im gegenteil, mir ist es oft schon zu viel an Videocontent.
Hier nun einige Thesen zur Videonutzung (allgemein und in NPOs)
Videos als Ressourcenfresser
Gerade Videos – auch wenn ihre Produktion in den vergangenen Jahren deutlich günstiger geworden ist – verursachen, vergleicht man sie mit der Produktion von Buchstabenburgen und Textwüsten, deutlich höheren Aufwand, sowohl was die benötigten Zeitressourcen angeht, als auch hinsichtlich ihrer technischen Voraussetzungen. Im Vergleich zu guten Fotos bewirken sie – jetzt ganz allgemein gesprochen – auch meist nicht dem Ressourcenverbrauch adäquate Verbesserungen in der Kommunikation. Sind Fotos inzwischen fixer Bestandteil von Webauftritten – die breite Akzeptanz anerkannter Bildformate im Web hat das sicher unterstützt -, so ist das für Videos nicht so leicht möglich. Entweder binded man sie in die eigenen Pages ein (was wiederum technischen Aufwands bedarf), als Flash beispielsweise, oder man nützt andere Angebote wie4 Youtube oder myvideo.de, auf die man verlinkt. Insgesamt deutlich weniger befriedigend und integraler Bestandteil einer Seite, als dies bei einem simplen Foto der Fall ist. hat der User nun den falschen Browser, ein altes Plugin, oder einfach nur ein Handheld-Gerät, so werden die Videos nicht angezeigt. Diese müssen daher in jedem Falle von Begleittext ergänzt werden, um beim potentiellen Ausfall der Videoinformation in jedem Falle mit Informationen präsent sein zu können.
Videos und Zielkongruenz
Gute Videos zu produzieren, deren Aussagen sich mit den Zielen einer Organisation zu decken ist nicht leicht. Gerade die Meta-Kommunikation, das Licht und viele andere Phänomene ermöglichen es im bereich der Videos nicht so leicht, gezielt Informationen (mit präziser Wirkung) zur Verfügung zu stellen, wie man das mit Texten deutlich leichter machen kann. Gut gemeinte Video-Auftritte von Organisationen (oder Organisationseinheiten) führen leider oftmals genau zu den gegenteiligen Effekten, als dies zunächst intendiert ist. Anders, als dies bei Texten der Fall ist, muss man im Bewegtbild-Bereich schon sehr gut wissen, was man tut, um mit den Ergebnissen eines Videos auch das Ziel zu erreichen. Jeder, der schon eine klassische Wort-Bild-Schere in einem Beitrag gesehen hat, weiß, wie verstörend derartige Patzer den Zuseher zurücklassen, der nicht mehr weiß, wohin die Information führen soll.
Videos und Suchmaschinen
Anders, als dies für einzelseiten und texte gilt, gibt es keine Suchmaschinen, die Informationen aufbereiten können, die innerhalb von Videos vermittelt werden. Genau der riesenvorteil von Online-Kommunikation im vergleich zu ihren Offline-Geschwistern ist ja die Scanbarkeit von Informationen, das „über den Text fliegen“, um zur gesuchten Information zu finden. Diese Vorteile bieten kontinuierliche Kommunikationskanäle, also Audio- und Videoinformationen nicht und werden daher nur gefunden, wenn man einen grussen Aufwand betreibt, in dem beispielsweise Skripttexte mit auf die Videoseiten genommen werden, um den Content zu beschreiben. Trotzdem tun sich dann viele User das „Videoschauen“ nicht an, weil die Infos leichter in Texten zu finden und weiter zu verbreiten sind.
Videos und Kommunikationsmix
Bildelemente sollten, genau so, wie Text und Bewegtbild in adäquatem Verhältnis zueinander stehen und als integrale Bestandteile im Kommunikationsmix eingesetzt werden. Dazu muss man sich aber im klaren sein, was man kommunizieren will und an wen. Erst die Zielgruppen geben den Ausschlag, ob (und in welcher Weise) sich der Aufwand für die Videoproduktion rechnet. Was anderes ist es, wenn Videos, quasi als „Abfallprodukte“ sowieso vorhanden sind. Dann kann man mit deulich weniger Aufwand derartige Footage für eigene Bewegtbildauftritte nützen.
Videos im Einsatz beim Roten Kreuz
Wir versuchen in manchen Bereichen ganz bewusst die Bildkommunikation, wenn es beispielsweise um die Emotionalisierung von internen Projekten geht (Beispiel „Aus Liebe zum Menschen“-Kommunikationsschwerpunkt), ein anderer Fall ist der klassische Aussenauftritt, wo Spots produziert werden, die dann auch online in Verwendung gehen. Dazu haben wir einen youtube-Channel eingerichtet, von dem wir auch auf die Videopodcast-Bereiche der Homepage einbetten.
Ein Beispiel für die vorhandenen Videos, die wir dann nur synchronisieren müssen ist dieser IKRK-Spot, oder Videopodcasts zu Afrika, Sudan, oder zum Weltkatastrophenbericht.
Ingesamt, wenn ich jetzt den Einsatz eines Tools entscheiden müsste, würde ich mich in jedem Fall für gute Fotographie entscheiden und zu ungunsten von Videos, weil der Mehraufwand in jedem Falle nicht mit dem erhöhten Nutzen im Einklang steht.
Mir ist schon klar, dass man nicht alle NPOs über einen Kamm scheren kann und wir hier in einer speziellen Position sind, die grundlegenden Thesen, so denke ich, sind aber allgemeingültig.
4 Kommentare