Einige Gedankenexperimente.
In einer Reaktion auf meinen (reaktiven) Beitrag „Hände weg von Medienpartnerschaften“ spricht Thomas Pleil „guten“ Motiven bei Medienpartnerschaften seine Akzeptenz aus:
Ich glaube, der in diesem Posting verwendete Begriff der Public Value-Kampagne ist sehr hilfreich. Und wahrscheinlich ist meine Absage an Partnerschaften zur Rettung der Welt [in diesem Textdepot-Beitrag ] übertrieben. Ein Medium kann sich durchaus für eine gute Sache engagieren bzw. sein Publikum um Beteiligung ersuchen. Das ist eine grundsätzliche Entscheidung, die eine Redaktion trifft, und die ich (gerade mit Blick auf Fundraising) akzeptiere. Die Zielsetzung der Sache ist dabei für jeden (auch das Publikum) klar.
Die Frage, die in diesem Kontext entsteht – ja, ich widerspreche meinen eigenen Aussagen im Originalposting – ist die Definition der „guten Sache“. Wenige Europäer werden etwas gegen die humanitäre Arbeit des Roten Kreuzes haben, wenn es um den Rettungsdienst, die Katastrophenhilfe oder die Erste Hilfe geht. Auch Greenpeace hat ja grundsätzlich gute Absichten. Wie sieht es allerdings mit kirchennahen Organisationen aus, sind die auch noch – im Sinne eines gesellschaftlichen Werts – „uneingeschränkt gut“? Was ist mit anderen Werten und Leistungen des Roten Kreuzes, die Hilfe im Krieg, die Unterstützung von Obdachlosen oder gar die Migrantenhilfe? Sind das noch immer Dienste mit öffentlichem Wert, also solche, die von der Gesellschaft geschätzt werden? Wo ist die Grenze zu parteipolitischen Institutionen oder zu Vereinigungen, die anderen Interessensgemeinschaften als Mittel zum Zweck dienen?
Eine kurze Recherche zum „public value“ führt mich auf Wikipedia.org, die den Begriff als Äquivalent zum Shareholder-Value definieren, allerdings im Public Management. „Public value is, what the public values“ ist eine Definition, die auf die Wertschätzung durch die Öffentlichkeit anspricht. (Quelle: http://www.bop.co.uk/pdfs/060921_BOP_Public_Value_and_Broadcasting_Paper.pdf)
Insgesamt, so stellt sich mir das Dilemma dar, geht es stark um das Thema der Definition nd der (demokratischen) Legitimation von „guten Sachen“, von zivilgesellschaftlichem Engagement. Dazu habe ich vor rund einem Jahr eine Seminararbeit unter dem Titel „Krieger ohne Waffen“ verfasst.
Aus dem Abstract zu meiner Seminararbeit „Krieger ohne Waffen“:
Die vorhandene Literatur zum Thema NGO betrachtet oftmals die fehlende Legitimation der AkteurInnen von Seiten ihrer BenifizientInnen als demokratisches Problem. Diese Ansätze sollen zunächst anhand einiger Literaturzitate ausgebreitet und theoretisch behandelt werden, bevor in weiterer Folge ausgehend von der Gründungsgeschichte des Roten Kreuzes das Legitimations- und Aufgabenverständnis des Roten Kreuzes im Detail beschrieben wird.Ein theoretischer Abschnitt beschäftigt sich weiters mit der Abgrenzung und der Vernetzung des so genannten „Dritten Sektors“ aus institutionell-ökonomischer Sicht – danach wird anhand dreier „Case-Studies“ (die Vorarbeit zum Verbot von Anti-Personenminen in Österreich, der internationale Bann von Laser-Blendwaffen und die Einführung von Frühdefibrillatoren in Österreich) auf die konkrete Problematik in der NGO-Arbeit des Roten Kreuzes in Österreich aber auch im internationalen Kontext eingegangen. (Hier gibt es die gesamte Arbeit Krieger ohne Waffen als PDF zum Download)
Eine Lösung für das legitimatorische Dilemma habe ich keine. Ich weiß – nicht zuletzt aus eigener Erfahrung als Rotkreuz-Mitarbeiter, dass es wichtig ist, zu handeln. Doch gesellschaftliche Legitimation erhält das das Handeln dadurch auch nicht.
Eine Lösung für dieses Dilemma habe ich auch nicht (das ist einer der Gründe, weshalb ich eine breitere Diskussion zu Medienpartnerschaften für angebracht halte). Ich denke, es hängt stark am Selbstverständnis des Journalismus: Sieht er sich als kritisch beobachtend oder als eine aktivierende Stimme (in) der Öffentlichkeit. Im ersten Fall wären nach meiner Meinung Medienpartnerschaften durchweg abzulehnen. Im zweiten Fall wäre zu diskutieren, in welchem Rahmen Medienpartnerschaften angemessen sind. Vielleicht muss man da zu pragmatischen Lösungen kommen. Es mag illusorisch sein, aber ich könnte mir vorstellen, dass Redaktionen, die für sich eine Antwort gefunden haben, diese in redaktionellen Richtlinien für jedermann zugänglich veröffentlichen.
Dem vorausgehend würde ich mir eine Diskussion zu der Frage wünschen, welche Arten von Medienpartnerschaften generell nicht akzeptabel sind (z.B. verdeckte, langfristige).