Die Geschichte des Roten Kreuzes in Niederösterreich

Dieses Textfragement entstand bei der Erstellung meiner Diplomarbeit zu den Sozialstrukturen im Österreichischen Roten Kreuzes als übervollständige historische Feldbeschreibung. Da einige Teile dieses historischen Abrisses in die Diplomarbeit wegen mangelnder Relevanz für das Thema keinen Eingang finden werden, veröffentliche ich diesen Text hier.

Falls das Lesen am Schirm zu mühsam ist, hier die PDF-Version: Geschichte RK NÖ

Gerald Czech im November 2009

Die Geschichte des Roten Kreuzes in Niederösterreich

„In jedem Spielakt ist in Gestalt der praktischen Kenntnis der Prinzipien des Spiels – die bei den neuen stillschweigend vorausgesetzt wird – die ganze Geschichte, die ganze Vergangenheit des Spiels präsent. Nicht zufällig ist eines der sichersten Indizien für das Bestehen eines Feldes […] das Auftreten einer ganzen Zunft von Konservatoren […] [L]auter Leute, die ein Interesse an der Erhaltung dessen haben, was im Feld produziert wird, also ein Interesse daran haben, zu erhalten und sich selbst als Erhaltende zu erhalten.“ (Bourdieu 2001, S. 110)

In diesem Text soll die Geschichte des Roten Kreuzes, zunächst der Gründungsmythos und die Geschichte des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz, dann die Historie des Österreichischen Roten Kreuzes und zuletzt die relevanten historischen Details zum konkret betrachteten Feld, dem Niederösterreichischen Rotkreuz-Landesverband dargelegt werden. Diese Fakten sind im Falle der Bourdieuschen Theorie –  die die Felder als Spielschauplätze mit bedeutender Geschichte versteht, aus der sich die Regeln im Feld entwickeln – allerdings mehr als reine Kontextverortung und Rahmenwissen: Für das Verständnis eines Feldes ist es wesentlich, die Geschichte zu kennen und zu verstehen, denn diese Geschichte ist implizit in jeder Aktion der handelnden Akteurinnen und Akteure im Feld über ihre jeweilige Repräsentation im individuellen Habitus präsent (vgl. Bourdieu 2001, S. 110).

Henry Dunant und die Gründung des Roten Kreuzes

Das Rote Kreuz entstand nach einer Idee des Schweizer Geschäftsmanns Henry Dunant, der – zufällig in der Gegend, weil er den Französischen Kaiser Napoleon, III. treffen wollte – 1859 nach der Schlacht von Solferino die Verwundeten in der Region um das norditalienische Städtchen Castiglione sah und angesichts des Leides der Betroffenen drei Tage und Nächte lang mithalf, Wunden zu verbinden und Leiden zu linden, um „zu trösten und zu retten“. Beeindruckt von den Erlebnissen schrieb Dunant 1862 das Buch „Eine Erinnerung an Solferino“, das er im Eigenverlag drucken ließ und an Vertreter der Herrscherhäuser und ranghohe Militärs in ganz Europa verschickte. (vgl. Bugnion 2006, S. 8; Dempfer 2009, S. 30–39; Haug 1995, S. 27–32; Ladurner 2009; Levathes 1981, S. 777; Müller 1975, S. 144; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 7f; Vilt 1981, S. 12 )
Das wesentliche Element an Dunants Werk, so Vilt (vgl. Vilt 1981, S. 12–15), war die Abstraktion – er blieb nicht bei einer bloßen Wiedergabe der erlebten Ereignisse sondern er forderte Lösungen: Man möge private anerkannte und ausgebildete Hilfsgesellschaften gründen, die im Kriegsfalle die militärischen Sanitätsdienste unterstützen und von allen Konfliktpartei als neutral akzeptiert sind.
Die Öffentlichkeit und ihr Einfluss zur politischen Gestaltung der Realität war Mitte des 19. Jahrhunderts in Europa allerdings noch nicht so ausgeprägt, wie wir sie heute kennen. Die damaligen „Global Players“ waren zumeist nicht parlamentarisch-demokratisch organisiert, sondern wurden als Monarchien in deutlich autokratischerem Maß von einem komplexen System interdependenter europäischer Herrscherhäuser und Adelsgeschlechter regiert. Genau diese, besser gesagt deren Exponenten – heute würde man Stakeholder sagen – wurden vom Autor und Philanthropen Dunant kontaktiert. (vgl. Kübler 2001, S. 58f)
Immer mit in seinem Gepäck, seine Publikation „Eine Erinnerung an Solferino“, die aufgrund des literarischen Stils und der Aktualität in kürzester Zeit zum Gesprächsstoff innerhalb der Zielgruppe von Entscheidungsträger auf europäischen Niveau wurde. Die Zeitungen lobten sein Werk, das im Handel zunächst überhaupt nicht erhältlich war1, genauso, wie der bekannte Schriftsteller Victor Hugo. (vgl. Boissier 1985, S. 41; Dempfer 2009, S. 34; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 13f)
„Auf den steinernen Fliesen der Spitäler und Kirchen von Castiglione liegen Seite an Seite Kranke aller Nationen: Franzosen und Araber, Deutsche und Slawen. Man legt sie einstweilen dort nieder, wo Platz ist, und sie haben nicht mehr die Kraft, sich zu bewegen und können sich auf dem engen Raum nicht rühren. Flüche, Lästerungen und Schmerzensschreie, die wiederzugeben die Sprache nicht fähig ist, hallen von den Gewölben der geweihten Räume wider.“ (Dunant 1997, S. 11)
Vielfach war der französisch-schweizer Geschäftsmann geschickt genug, seine Publikation nicht an die meist militärisch ausgebildeten und damit für derartige Reize abgestumpften Grafen und Herzoge, an die Generäle und Minister zu schicken, sondern an ihre sozial engagierten Gattinnen, die sich bereits bei den vergangenen Kriegen in Europa zum Beispiel als Krankenschwestern immer wieder in den Dienst der verwundeten Soldaten gestellt hatten.
Dunant nutzte seine Kontakte geschickt, baute mit viel Engagement ein Netzwerk zu den jeweiligen Entscheidungsträgern auf, in das er viel Energie steckte. Daraufhin versuchte die „Genfer gemeinnützige Gesellschaft“, ein Verein bedeutender Genfer Bürger mit philantropen Bedürfnissen, den Vorschlag Dunants, eine Hilfsorganisation zu gründen, die neutral im Kriegsfalle Hilfe leisten würde, umzusetzen, indem bereits 1863 zu einer internationalen Konferenz eingeladen wurde. Die Gründung des Roten Kreuzes und der Beschluss der so genannten „Genfer Konvention betreffend die Linderung des Loses der im Felddienst verwundeten Militärpersonen“ im Jahre 1864 war eine Folge dieser Konferenz. (vgl. Haug 1995, S. 27–32)
Aufgrund privater Fehlspekulationen und schwerer wirtschaftlicher Fehler wurde Dunant zu enormen Schadensersatzzahlungen verurteilt, die dazu führten, dass er vor der Genfer Bürgerschaft moralisch diskreditiert wurde. Das führte 1867 dazu, dass sich das Rote Kreuz von seinem Gründer distanzierte und Dunant als „ruheloser Wanderer“ durch Europa zog und Vorträge hielt und philantrophische Projekte anging2, ohne sozialen oder finanziellen Rückhalt zu haben. 1887 zog er sich nach Heiden am Bodensee zurück, wo ihn 1895 der Journalist Georg Baumberger auffand und über ihn berichtete. Erst diese Berichterstattung rehabilitierte den Humanisten Dunant und führte letztendlich auch dazu, dass er im Jahr 1901 den allerersten Friedensnobelpreis3 verliehen bekam. Das Preisgeld, das mit dem Nobelpreis verbunden ist,  wurde – um es vor den Zugriffen von Dunants Gläubigern zu sichern – von einem norwegischen Fürsprecher bis zu seinem Tod verwaltet. (vgl. Haug 1995, S. 47–49; Dempfer 2009, S. 38; von Planta 2007, S. 11; Nobel 2001, S. 270)
Dunant starb am 30. Oktober 1910 mit 82 Jahren. Noch heute wird am 8. Mai, dem Geburtstag des Gründers Jean Henry Dunants der Weltrotkreuz-Tag gefeiert. (vgl. Haug 1995, S. 50)
Dempfer (vgl. Dempfer 2009, S. 28f) begründet die herausragende Stellung der calvinistischen französischen Schweiz bei der Entstehung der humanitären Bewegung des Roten Kreuzes mit der protestantischen Ethik, wie dies auch Max Weber für den modernen Kapitalismus europäischer Prägung getan hat: Die Prädestinationslehre, also die Tatsache, dass es vorher bestimmt ist, ob man die Seligkeit erwirbt, oder in Verdammnis stirbt, wie sie von Johannes Calvin verbreitet wurde, erlaubt es auf der einen Seite nach Reichtum zu streben und andererseits gegenüber denen, die »gottgewollt arm sind« mildtätig zu sein.

Das Internationale Rote Kreuz

Das Rote Kreuz, so nannte sich die neugegründete Gesellschaft die im Auftrag der Staaten die Hüterin der „Genfer Abkommen“ wurde, situierte sich in Genf und hatte bereits im Deutsch-Dänischen-Krieg 1864 den ersten sehr erfolgreichen Einsatz. (vgl. Boissier 1985, S. 179; Dempfer 2009, S. 40f)
Seit dieser Zeit gibt es keinen Krieg, bei dem die Schweizerischen Delegierten des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) nicht im humanitären Einsatz vor Ort waren. Stets neutral und unparteilich findet man die Helfer immer auf beiden Seiten der Frontlinien.
In den einzelnen Staaten, die das Genfer Abkommen ratifizierten wurden ebenso Rotkreuz-Gesellschaften gegründet, die einerseits den Sanitätsdiensten der jeweiligen Armeen beistanden und anderseits unterschiedlichste humanitäre Aufgaben wahrnehmen konnten. Doch bis 1884 gab es keine weitere internationale Rotkreuz-Konferenz, das Treffen aller Signatarstaaten und der jeweiligen Rotkreuz-Gesellschaften. Die Kommunikation erfolgte daher – meist unidirektional – nur durch Publikationen aus Genf und direkt im Feld. Die nationalen Organisationen waren daher fast 20 Jahre voneinander entkoppelt und entwickelten sich je nach Bedarf der nationalen Strukturen und kriegerischen Konflikten, die in Europa damals noch zahlreicher waren. (vgl. Boissier 1985, S. 333–335)
Seit der internationalen Rotkreuz-Konferenz 1884, wo die Zusammenarbeit der Bewegung definiert wurde, blieb die Struktur der Rotkreuz-Bewegung, was das Verhältnis zwischen nationalen Rotkreuz-Gesellschaften und IKRK betrifft, auch konstant: Es existieren unabhängige Rotkreuz-Gesellschaften in den Signatarstaaten der Genfer Konvention – untereinander nur lose vernetzt – und parallel dazu das Internationale Komitee vom Roten Kreuz in Genf, das auf der einen Seite die Kommunikation zwischen den nationalen Gesellschaften aufrecht erhält und andererseits selbst operativ tätig ist. (vgl. Boissier 1985, S. 339)
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist bis heute eine private unabhängige Schweizer Organisation, die – als „Subjekt des humanitären Völkerrechts – verankert in den Genfer Konventionen, verschiedene Aufgaben im Rahmen von bewaffneten Konflikten übernimmt. Diese Aufgaben im Krieg sind beispielsweise der Besuch von Spitälern, von Kriegsgefangenen, die Versorgung von Verwundeten, aber auch der Suchdienst, der beginnend mit dem französisch-preußischen Krieg von 1870/71, die Daten von verwundeten, gefallenen und gefangenen Soldaten feststellt und die Daten mit den kriegsbeteiligten Staaten austauscht, sowie eine Kommunikation zwischen den Kriegsgefangenen und ihren Angehörigen durch Rotkreuz-Nachrichten ermöglicht. (vgl. International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies 1997, S. 23f)
Erst nach dem zweiten Weltkrieg – im Angesicht der furchtbaren Verbrechen, die von 1939- 1945 von Soldaten, aber auch von zivilen Einrichtungen der Regimes verübt wurden – im Jahr 1949 wurden die Genfer Abkommen erweitert: nicht nur die Landstreitkräfte (bereits im 1. Genfer Abkommen verankert) waren fortan im Fokus des humanitären Völkerrechts, sondern auch Schiffbrüchige (II. Abkommen), Kriegsgefangene (III. Abkommen) und die Zivilbevölkerung (IV. Abkommen). Die Veränderungen im Verlauf des ausgehenden 20. Jahrhunderts bewirkten im Jahr 1977 den Abschluss zweier Zusatzprotokolle, das erste betreffend den Schutz von Zivilpersonen in internationalen Konflikten und das zweite betreffend nicht-internationale Konflikte. Diese Zusatzprotokolle sind allerdings nicht so weitreichend ratifiziert, also von Staaten anerkannt und in nationales Recht umgesetzt, wie das für die Genfer Abkommen gilt. Speziell das zweite Zusatzprotokoll, wurde immer wieder als „Einmischung in interne Angelegenheiten“ abgelehnt.
Das letzte Zusatzprotokoll zu den Genfer Abkommen wurde 2005 abgeschlossen und regelt die Anerkennung eines neuen Schutzzeichens, des „Roten Kristalls“, der nunmehr neben dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond als geschütztes Symbol im Völkerrecht verankert ist. (vgl. Dempfer 2009, S. 45)
Das IKRK ist als zentrale Drehscheibe der internationalen Rotkreuz-Bewegung auch für die Anerkennung so genannter „Nationaler Gesellschaften“ verantwortlich, dabei wird überprüft, ob die grundlegenden Eigenschaften einer Rotkreuz-Gesellschaft eingehalten werden.

Ein weiteres internationales Rotes Kreuz: Die Föderation

Nach dem Ersten Weltkrieg im Jahr 1919 wurde auf Initiative des Amerikanischen Roten Kreuzes mit Unterstützung des damaligen amerikanischen Präsidenten Wilson die Liga der Rotkreuz-Gesellschaften gegründet. Diese Organisation war als Dachorganisation der Nationalen Rotkreuz-Gesellschaften geplant, analog zum damaligen Völkerbund organisiert4 und sollte für die humanitäre Rotkreuz-Arbeit außerhalb der Kriege und Konflikte verantwortlich sein. (vgl. Durand 1984, S. 139–145; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 22–25; International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies 1997, S. 51–56)
In Cannes wurde 1919 die Föderation vorbereitet und am 5. Mai 1919 formell in Paris als „Internationale Liga der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften“ gegründet. Die ersten Mitglieder waren die nationalen Rotkreuzgesellschaften von Frankreich, der USA, Großbritanniens, Italiens und Japan. (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 22–25)
Doch die Liga war zu Beginn auch politisiert. Als Folge des Ersten Weltkriegs, war es den fünf Entente-Mächten möglich, die Rotkreuz-Gesellschaften der „Mittelmächte“ auszuschließen, aber auch das Russische Rote Kreuz. (vgl. Dempfer 2009, S. 47f)
Die Aufgaben der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, wie die Liga seit dem Jahr 1991 heißt, war von Anbeginn die humanitäre Hilfe in Katastrophen, bei Unglücken und Seuchen, bei Hungersnöten oder Epidemien. Deren gab es seit 1919 natürlich sehr viele. Die Zentrale der Liga war zunächst Paris, erst im Zweiten Weltkrieg wurde nach der Invasion der Deutschen in Frankreich ebenso Genf zur Heimat der zweiten Rotkreuz-Dachorganisation. Bis heute existieren Spannungen zwischen der Schweizer Privatorganisation IKRK und der internationalen Dachorganisation „Föderation“, was die Aufgaben und ihre Koordination betrifft. (vgl. Dempfer 2009, S. 49f; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 22–25; International Federation of Red Cross and Red Crescent Societies 1997, S. 51–56)

Das Österreichische Rote Kreuz

Das Österreichische Rote Kreuz wurde im Jahre 1880 gegründet. Es ging aus den davor immer wieder anlässlich eines Krieges gegründeten (und danach jeweils wieder liquidierten) Patriotischen Hilfsvereinen hervor, die Verwundete der k.u.k-Armeen unterstützten und sich um Kriegswitwen- und -waisen annahm. (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 33)

Der Anfang

Im Feldzug gegen Preußen 1866 wollte der damalige Patriotische Hilfsverein Hilfsgüter auf die Schlachtfelder schicken, da Österreich-Ungarn im Gegensatz zu Preußen und Italien jedoch dem Genfer Abkommen nicht beigetreten war5, wurden diese Güter – mangels internationalem Status oder Mandat des Hilfsvereins – nicht vorgelassen. Die Wirkung des Vereins war daher auf das Reichsgebiet beschränkt, wo er Verwundete und Kranke pflegte. Dieser Verein löste sich –  anders als bisher – nicht nach dem Krieg auf, sondern etablierte sich, indem er die Geldmittel in einen Fonds legte, und wurde – Österreich-Ungarn war inzwischen Signatarstaat der Genfer Konvention – mit Entschluss des Kaisers zu einer permanenten Einrichtung. Der „Österreichische Patriotische Hilfsverein für verwundete Krieger- Militärwitwen und Waisen“ bekannte sich zu den Prinzipien des Roten Kreuzes und verwendete als Namenszusatz „zugleich Landeshilfsverein vom Rothen Kreuze für Niederösterreich“6. (vgl. Vilt 1981, S. 19–30; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 33)
Weitere Tochtervereine in Böhmen, in der Steiermark und in Mähren bzw. in Schlesien gründeten sich, auch ein Frauenhilfsverein für alle österreichischen Länder wurde gegründet. Die Hilfsaktionen, die von den voneinander unabhängigen Vereinen organisiert wurden, beispielsweise 1878 während der Okkupation von Bosnien und der Herzegowina, verliefen unkoordiniert und teilweise chaotisch. Teilweise widersprachen sich die Ziele und Statuten der Teilorganisationen, von effizienter Hilfe keine Spur. Erst 1879 wurde, auf Initiative des Verteidigungsministers begonnen, diese Teilvereine an einen Tisch zu bringen und über die Dachorganisation zu beraten, die mit 14. März 1880 als Österreichische Gesellschaft vom Rothen Kreuze (ÖGvRK) gegründet wurde. (vgl. Vilt 1981, S. 19–30 )
Delegierte des Roten Kreuzes, die im Kriegsdienst waren mussten entweder ausgebildete k.u.k. Offiziere sein, oder konnten bei Sonderverwendungen auch dem Zivilstand angehören, mussten in jenem Falle aber eine Uniform tragen7. (vgl. Vilt 1981, S. 66f )
Bereits 1900 wurde von der Bundesversammlung der ÖGvRK der Beschluss gefasst, die Tätigkeiten von der reinen Hilfeleistung bei außerordentlichen Not- und Unglücksfällen hin zu organisiertem zivil-staatlichen Sanitätsdienst auszuweiten. Damit war wohl der Grundstein für den heute flächendeckend verfügbaren Rettungs- und Krankentransportdienst gelegt. (vgl. Vilt 1981, S. 54; Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 44)
Der erste Transport-Einsatz der nagelneuen Verwundetentransportkutsche einer Rotkreuz-Dienststelle in der Bukovina, die heute im südöstlichen Polen liegt führte quer durch die Donaumonarchie in das Allgemeine Krankenhaus der Residenzstadt Wien. (vgl. Czech, 2009)
Die Aufgaben des Roten Kreuzes vor dem Ersten Weltkrieg waren zumeist rein auf die Unterstützung der militärischen Sanitätsdienste ausgerichtet, daher waren auch die Ressourcen beschränkt. Bei außergewöhnlichen Notständen und Unglücksfällen wurden die „hiezu disponsiblen Kräfte“ unterstützend eingesetzt. (vgl. Vilt 1981, S. 44f)
So genannte „Blessiertenträgerkolonnen“, bei denen der Kommandant vom Roten Kreuz gestellt wurde, die 23 sanitätsdienstlich ausgebildeten Chargen und Soldaten von der k.k. Landwehr und die Fuhrleute aus der „Kondukteurschaft“ des Rotkreuz-Feldspitals, genauso wie die Blessiertenwagen wurden organisiert. (vgl. Vilt 1981, S. 56f)

Der Erste Weltkrieg

Im Verlauf des Ersten Weltkriegs war die ÖGvRK hauptsächlich in den militärischen Sanitätsdienst integriert, auch der Betrieb von Sanitätsanstalten im gesamten Hinterland war Aufgabe des Roten Kreuzes. In Niederösterreich beispielsweise verzeichnete man in den ersten fünf Kriegsjahren insgesamt 305.485 Patienten in den Sanitätsanstalten, das waren 25,1 % der gesamten vom Roten Kreuz betreuten Verletzten und erkrankten Soldaten. (vgl. Vilt 1981, S. 163–167)
Nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurde auch der zivile Rettungs- und Krankentransportdienst strukturiert. Alle Feuerwehrlandesverbände wurden an das Rote Kreuz angeschlossen, Ende 1916 gab es in Österreich rund 4.800 Rettungsabteilungen unter dem Zeichen des Roten Kreuzes (organisatorisch zumeist in Feuerwehrhand). (vgl. Vilt 1981, S. 173f)
Eine weitere Aufgabe des Roten Kreuzes war ab 1917 die Kur- und Bäderfürsorge für heeresentlassene Kriegskranke. Ein Kurhaus in Bad Gastein wurde beispielsweise 1918 zu diesem Zweck übernommen und betrieben. (vgl. Vilt 1981, S. 178f)
Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs wurde – genauso, wie die staatlichen vormals k.u.k-Strukturen – auch die Österreichische Gesellschaft vom Rothen Kreuze in mehrere nationale Rotkreuz-Gesellschaften aufgeteilt. Die Auseinandersetzungen über die Vermögensaufteilung dauerten einige Jahre. (vgl. Vilt 1981, S. 190–196)

Zwischenkriegszeit

Der Friedensvertrag von Saint Germain von 1919 schränkte auch das Hauptaufgabengebiet der ÖGvRK ein: In Folge des Verbots von jeglicher Kriegsvorbereitung war auch die Fürsorge für Verwundete im Felde und erkrankte Soldaten verboten, das Rote Kreuz musste sich daher auf andere Aufgaben konzentrieren, beispielsweise die Gesundheits- und Wohlfahrtspflege und der Rettungsdienst, die Hilfeleistung bei öffentlichen Notständen im In- und Ausland, die Zusammenarbeit mit anderen Trägern der freiwilligen Gesundheits- und Wohlfahrtspflege und das Österreichische Jugendrotkreuz, das 1922 gegründet wurde. (vgl. Vilt 1981, S. 199–200)
In der Zwischenkriegszeit führte das Rote Kreuz weiterhin Rettungs- und Krankentransporte durch. Dabei wurde auf regionale und lokale Organisationen, also Freiwillige Feuerwehren, Freiwillige Rettungsgesellschaften oder Sport- und Kameradschaftsvereine zurückgegriffen, die als „Korporationsmitglieder“ pauschal dem jeweiligen Landesverein des Roten Kreuzes beitreten konnten und damit ihre Selbstständigkeit bewahren und trotzdem mit den Gerätschaften des Roten Kreuzes und mit Rotkreuz-Armbinde tätig werden konnten. Dadurch konnte unter dem Zeichen des Roten Kreuzes nahezu flächendeckend ein rudimentärer Rettungsdienst und Krankentransporte angeboten werden. Die dabei tätigen Organisationseinheiten verstanden sich allerdings hauptsächlich lokal und eigenständig, ein Phänomen, das mancherorts bis heute zu finden ist. (vgl. Vilt 1981, S. 219)
Im Rahmen der bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzungen in Ostösterreich im Juli 1927, die im Brand des Justizpalastes mündeten – die Polizei schoss damals auf die demonstrierenden Arbeiter (Berger 2007, S. 105–110) wurde auch in Österreich nach dem Vorbild der Deutschen Arbeiterschaft der Arbeitersamariterbund als Sektion des ASKÖ gegründet8, „da sich das bürgerliche Rote Kreuz weigerte, verletzten Arbeitern zu helfen.“ (ASBÖ Gruppe Floridsdorf-Donaustadt 2007)

Nazidiktatur und Eingliederung ins Deutsche Rote Kreuz

Ab 1938 wurde die ÖGvRK auf Initiative des geschäftsführenden Präsidenten des Deutschen Roten Kreuzes Ernst Robert Grawitz – er war gleichzeitig leitender SS-Arzt9 – in das Deutsche Rote Kreuz (DRK) eingegliedert, welches analog zur Wehrmacht streng hierarchisch gegliedert und als der SS angegliederte Institution des verbrecherischen Regimes hauptsächlich kriegsunterstützend tätig war. Durch diese Eingliederung und Unterstellung wurde auch der Rettungsdienst und Krankentransport – die Hauptaufgabe der regionalen Rotkreuzdienststellen – nun vollständig durch das Rote Kreuz durchgeführt. (vgl. Vilt 1981, S. 241–246; Dempfer 2009, S. 56f)
Die Übernahme ins DRK bewirkte auch die Modernisierung und den Aufbau flächendeckender Strukturen in der nunmehr als „Ostmark“ bezeichneten Region: die Organisation von Bereitschaften, die Errichtung von Krankenhäusern, Schwesternschulen, die Bereitstellung von Materialien und Bekleidung für das „Nationalsozialistische Sanitätskorps, auch wenn es sich mit Rücksicht auf die Genfer Konvention Deutsches Rotes Kreuz nennt“10. (Dempfer 2009, S. 58)
Die Strukturen waren nunmehr nicht mehr eigenständige Organisationen mit Assoziation zum Roten Kreuz, sondern – oftmals unter Übernahme der davor eigenständigen Ressourcen – eine durchgehende paramilitärische Organisationsform mit vollständiger Eingliederung in die Luftschutz- und Militär-Einheiten des Regimes.
Trotz der Struktur und seiner Nähe zum Regime waren die Aufgaben und Leistungen des Roten Kreuzes auch während des Krieges eine wichtige Unterstützung für die Zivilbevölkerung, wenn auch nicht alle Teile der Bevölkerung davon profitierten. Gerade die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst unterstützten die Bevölkerung und halfen – als Teil des Luftschutzes – nach den oft schweren Bombenangriffen mit, Verletzte zu versorgen. (vgl. Tesarek 2005, S. 03:15)

Der Neuanfang 1945

Die Rotkreuz-Arbeit im Rettungsdienst wurde von der Befreiung Österreichs durch die Alliierten nicht unterbrochen, gleich nach Kriegsende versuchten Rotkreuz-Mitarbeiter in allen Bundesländern die Strukturen von vor 1938 wiederherzustellen. So wurde das Österreichische Rote Kreuz bereits im November 1945 wieder provisorisch gegründet11. Gleiches gilt natürlich auch für die Landesverbände. (vgl. Vilt 1981, S. 247–250)
Unabhängig von der rechtlichen Vereinsstruktur waren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sofort wieder im Einsatz, um ihre Dienste als Rotkreuz-Schwestern oder -Sanitäter zu verrichten, in ganz Österreich war ja durch die letzten Kriegsmonate enorm viel zerstört worden, sehr viele Verletzte und Verwundete mussten ebenso noch versorgt werden. (vgl. Vilt 1981, S. 247–250)
Der Rettungsdienst wurde auch nach dem Zweiten Weltkrieg weiter betrieben und ausgebaut. Standen in den ersten Jahren nach dem Krieg die Wiederherstellung der Infrastruktur und das Anschaffen von Fahrzeugen und Arbeitsgerät im Vordergrund, so änderten sich diese Bedürfnisse im Laufe der Zeit: Gegen Ende des 20. Jahrhunderts war die Flächendeckung und die rasche Verfügbarkeit von medizinischer Hilfe sehr wichtig – zahlreiche neue Dienststellen entstanden in ganz Österreich, um diese Eintreffzeiten zu verringern. Ein weiterer Meilenstein im Bereich des Rettungsdienstes war die Etablierung eines flächendeckenden Notarztsystems, das im Laufe der 1980er und 1990er Jahre errichtet wurde. (vgl. Vilt 1981, S. 272–278; Österreichisches Rotes Kreuz 2003)
Auch der Bereich der Heimhilfe bzw. Hauskrankenpflege entstand im heutigen Sinne erst deutlich nach dem Zweiten Weltkrieg. War die Rotkreuz-Schwesternschaft – entstanden erst auf DRK-Initiative im Dritten Reich –  auch nach dem Kriege noch hauptsächlich im Bereich der „Fürsorge“, der Kinderhilfe, der Flüchtlingsfürsorge bzw. direkt in Krankenhäusern in der Versorgung von Erkrankten und Verletzten tätig, so wurde in den 1970er-Jahren dieser Bereich neu überdacht und in Form der „Gesundheits- und Sozialen Dienste“ restrukturiert: Hauskrankenpflege und Heimhilfe – also extramurale Leistungen – waren aufgrund des demographischen Wandels notwendig. Auch andere neue Dienstleistungen, wie beispielsweise „Essen auf Rädern“ wurden angeboten. (vgl. Vilt 1981, S. 284–288)

Das ÖRK heute

Das Österreichische Rote Kreuz ist mit seinen rund 5.000 hauptberuflichen und mehr als 45.000 freiwilligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Teil der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung. (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz 02.01.2009)
Die weltweit gültigen Rotkreuz-Grundsätze12 (Österreichisches Rotes Kreuz, 2008) definieren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit als zentrale Leitlinien jeglicher Rotkreuz-Arbeit. Jede Nähe zu parteipolitischen oder religiösen Gemeinschaften wird daher abgelehnt.
Die jährlich veröffentlichten Bilanzzahlen zeigen für das Jahr 2006 Gesamterlöse im Ausmaß von 446.199.000 Euro, die zu 64,86 % aus Kostenersätzen und Leistungserlösen, zu 11,25 % aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, sowie zu 23,89 % aus anderen Quellen stammen. Aufwandseitig sind der Rettungs- und Krankentransportdienst (59 %), der Blutspendedienst (18 %) und die Gesundheits- und Sozialen Dienste (17 %) die größten Posten. (vgl. Fraisl 2008)
Insgesamt 48.4602 freiwillige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, 5.497 und 3.384 Zivildienstleistende führt das Österreichische Rote Kreuz in seiner Bilanz an. Es ist damit wohl die größte private Sozialinstitution Österreichs. Vergleicht man die Mitarbeiterzahlen der vergangenen Jahre, so kann man eine deutlich steigende Tendenz, vor allem bei den Freiwilligen erkennen. (vgl. Fraisl 2008, S. 3)

Dienstleistungsangebote heute

Die Angebote an Dienstleistungen (Leistungsbereiche und Aufgaben vgl. Österreichisches Rotes Kreuz, 2009) des Roten Kreuzes sind umfangreich und können hier nicht umfassend dargestellt werden. Sie beginnen bei den bekanntesten Diensten im Rettungs- und Krankentransport und reichen im Gesundheits- und Sozialbereich von der extramuralen Pflege bis hin zu stationären und teilstationären Pflege- und Hospizeinrichtungen. Der Blutspendedienst ist ebenso Teil des Dienstleistungsangebots, wie das Österreichische Jugendrotkreuz oder der Bereich der Erste-Hilfe-Ausbildung, aber auch im Migrationsbereich gibt es Angebote. Genauso breit wie das Leistungsportfolio gestalten sich die unterschiedlichen Zielgruppen für die Dienstleistungen. Aufgrund des geschilderten Spektrums kann man getrost annehmen, dass das Rote Kreuz in Österreich den gesamten Lebensweg eines Menschen begleiten kann: Zur Geburt wird die Mutter mit dem Krankentransport des Roten Kreuzes in den Kreißsaal gebracht. Als Kind ist man mit dem Jugendrotkreuz konfrontiert, dann macht man für den Führerschein einen Erste-Hilfe-Kurs; vielleicht benötigt man einmal den Rettungsdienst, ist dann als pflegender Angehöriger mit den Beratungsleistungen bedient, um später selbst Klient für Pflege- und Betreuungsleistungen – vielleicht sogar in einer stationären Einrichtung zu werden.

Das Rote Kreuz in Niederösterreich

Die Anfangsjahre

Der Niederösterreichische Rotkreuz-Landesverband war eigentlich die Keimzelle für das Rote Kreuz im k.u.k. Reich. Der bestehende patriotische Hilfsverein für Niederösterreich wurde 1867 mit dem Zusatz „zugleich Landeshilfsverein vom Roten Kreuz in Niederösterreich“ benannt. (siehe dazu auch: Der Anfang, Seite 8). Erst 1880 folgte die Dachorganisation für alle Landesvereine als „Österreichische Gesellschaft vom Rothen Kreuze“ (vgl. Burger 1993, S. 48)
Die Aufgaben der Landesvereine waren neben der Bereitstellung von sanitätsdienstlicher und humanitärer Unterstützung – vornehmlich für die Armeen – auch der Betrieb von Vereinsreservespitälern und Rekonvaleszentenhäusern, in NÖ gab es davon im Jahr 1913 drei Spitäler mit Ressourcen für 20 Offiziere und 900 Soldaten und sechs Rekonvaleszentenhäuser für in Summe 32 Offiziere und 165 Soldaten (vgl. Vilt 1981, S. 86–88).
Die vornehmlich kriegsdienstlichen Aufgaben wurden ab der Jahrhundertwende auch um Unterstützungsleistungen für den zivilen Bereich, vornehmlich bei großen Unfällen, aber auch im Krankentransport ergänzt. Der Transport von Verletzten und Verwundeten im Hinterland erfolgte in Zusammenarbeit durch freiwillige Feuerwehren und Turnvereinen, die im Anlassfalle als Organe der Roten Kreuzes agierten. (vgl. Vilt 1981, S. 96)

Best Practice in Wiener Neustadt

Bereits 1900 wurde vom Roten Kreuz als praktischer Versuch im Bezirk Wiener Neustadt ein Verwundeten- und Krankentransportdienst mit zwei Standorten (in Wiener Neustadt und in Schwarzau) errichtet. Das beigestellte Sanitätsmaterial wurde von den Gemeindeärzten verwaltet, die auch die Ausbildung geeigneter Feuerwehrmänner in „Erster Hilfe“ übernahmen. Die Kosten wurden von Sponsoren und von den Gemeinden übernommen bzw. mittels „Fundraising“ erwirtschaftet. Dieser Leistungsbereich machte das Rote Kreuz in Wiener Neustadt13 sehr populär, wie einem zeitgenössischen Bericht zu entnehmen war. (vgl. Vilt 1981, S. 125f)

Trennungsthese

In Niederösterreich gab es bereits sehr früh eine diesbezügliche vertragliche Vereinbarung zur Kooperation beim Rettungs- und Krankentransportdienst zwischen der Feuerwehr und dem Roten Kreuz, in dem sich die Feuerwehren verpflichteten, das Rote Kreuz zu unterstützen und die Rotkreuz-Idee zu verbreiten, dafür wurden Feuerwehrmitglieder vom Roten Kreuz ausgebildet. Rettungsstellen wurden vom Roten Kreuz errichtet und ausgestattet, die Feuerwehren stellten das Personal. Ausserdem konnten weitere Personen vom Roten Kreuz zusätzlich an den Standorten tätig werden, die nicht der Feuerwehr angehören mussten. Das waren dann oft auch Rotkreuz-Ärzte. Insgesamt waren bis 1937 in NÖ 4.083 „Rettungsmänner“ ausgebildet worden, die an 1.142 Rettungsstellen ihren Dienst versahen. (vgl. Vilt 1981, S. 220–222)
Das Rote Kreuz – damals Verein des gehobenen Bildungsbürgertums und des Adels – übte in diese Dienststellen die Koordination und den „ärztlichen Dienst“ aus, während die Feuerwehr, bestehend vornehmlich aus dem niederen Bürgertum und den Bauern, die Mannschaft und die Kommandanten für die Mannschaft stellte. Dies stellt meiner Ansicht nach eine der Determinanten dar, die zu einer noch immer persistenten Segregation zwischen den Funktionären des Roten Kreuzes – die noch immer eher aus dem höheren Bürgertum kommen – auf der einen und den „diensttuenden“ Mannschaften auf der anderen Seite führt.

Die Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg

Für die Zeit bis zum Ersten Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit gibt es für das Rote Kreuz in Niederösterreich in den vorhandenen Quellen keine für die soziologischen Betrachtungen im Anschluss relevanten Besonderheiten zu berichten, die nicht bereits in der allgemeinen Geschichte des Österreichischen Roten Kreuzes genannt wurden14.
Wesentlich für das Verständnis des Feldes allerdings, ist die Entwicklung nach dem zweiten Weltkrieg. Die Wiedergründung des Landesverbandes erfolgte 1945 zunächst als Landesverband vom Roten Kreuz für Wien, Niederösterreich und das Burgenland. Dieser Landesverband wurde am Standort der Österreichischen Gesellschaft vom Roten Kreuzes in der Milchgasse in der Wiener Innenstadt errichtet15. Die Aufspaltung in unabhängige Landesorganisationen erfolgte erst viel später. Zuerst entkoppelte sich das Burgenland und erst viele Jahre später der Landesverband Wien.
Besonderen Einfluss auf die Funktionärslandschaft, so berichtet Volkmar Burger in einer Festschrift aus dem Jahre 1993, hatte die Verbotsgesetzgebung nach der ehemalige NSDAP-Mitglieder und Nazi-Funktionäre in Österreich nicht als Funktionäre tätig sein durften. Im Jahr 1950 wurde daher Direktor16 Ing. Friedrich Proksch zum so genannten „leitenden Beamten“ ernannt, eine Funktion, die später Landessekretär genannt wurde und heute dem Vorsitzenden der Geschäftsleitung als monokratisches Organ entspricht. (vgl. Burger 1993, S. 52)
Die Funktion war nicht nur ein monokratisches Organ, sondern auch mit der Funktion des gewählten Landesrettungskommandanten junktimiert, was dazu führte, dass Ing. Proksch zum Vorgesetzten für den gesamten operativen Betrieb des NÖ Roten Kreuzes war. In Kombination mit Präsidenten, die ihre statutarische Macht als gewähltes oberstes Organ des Vereins nicht wahrnahmen, konnte der Landessekretär auch sämtliches Wissen über die Organisation in Anspruch nehmen und als ihr Außenvertreter nahezu uneingeschränkt auftreten. Die regionalen Bezirksstellenleiter waren zu jener Zeit nämlich vom Präsidium eingesetzt und waren daher auf das Wohlwollen der Landesverbandsführung angewiesen. Sein zentralistischer und autoritärer Führungsstil, den er ohne Kompromisse durchsetzte, stieß zwar vielerorts immer mehr auf Ablehnungen, seine Anordnungen wurden trotzdem in ganz Niederösterreich bis zu seiner Demission im Jahr 1982 befolgt und umgesetzt. (vgl. Burger 1993, S. 52)

Lokale Demokratisierung

In den 1970er-Jahren wurden – für den Bereich der Bezirksstellen Niederösterreichs – demokratischere Statuten beschlossen, die Bezirksstellen führten von nun an Wahlen durch. Auf Landesebene änderte sich nichts.
Regionale Gemeindevertreter und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wurden in die so genannten Bezirksstellenausschüsse gewählt, auch Vertreter der Mannschaft und Rechnungsprüfer wurden in die Ausschüsse gewählt. Die Bezirksstellenleiter wurden zwar weiterhin zentral bestellt – die Zustimmung des gewählten Ausschusses war allerdings zur Bestellung nötig.
Der nächste Demokratisierungsschritt für die regionalen Dienststellen wurde mit den nächsten Statuten im Jahr 1976 absolviert: Nunmehr wurden auch die Funktionäre, also Bezirksstellenleiter und seine Stellvertreter, Schriftführer und Kassier für jede Bezirksstelle gewählt, auch die Mannschaftsoffiziere, das so genannte Kommando war zu wählen. Diese Demokratisierung führte – da die Wahl an keine Ausbildungserfordernisse geknüpft war – zunächst oftmals dazu, dass jene Mitarbeiter zu Kommandanten wurden, die in der Mannschaft am beliebtesten waren, oftmals durch intensives Beistellen verschiedenster lokaler Alkoholika bei den Mannschaftsversammlungen. „Bierkistlkommandanten“ nennt sie Burger (vgl. Burger 1993, S. 52–53) in seinem Beitrag zur historischen Entwicklung des NÖ Roten Kreuzes: „Da sich die Wahl der Offiziere nicht bewährte, wurde sie 1981 wieder abgeschafft, dafür wurde die Offiziersausbildung obligatorisch.“ (Burger 1993, S. 53)

Nach Jahrzehnten der Wandel

Im Bereich des Landesverbandes, der in Wien IX in der Peregringasse residierte, änderte sich trotz Demokratisierung an der Basis bis in die 1980er-Jahre wenig. Dafür war der darauf folgende Wandel um so nachhaltiger.
Eine zentrale Figur, Direktor Ingenieur Proksch hielt alle Zügel fest in der Hand: Landessekretär und Landesrettungskommandant. In den 1980er Jahren begannen sich immer mehr Bezirksstellen gegen die autoritäre und zentralistische Führung zur Wehr zu setzten. Schließlich trat auch der Präsident Obermedizinalrat Dr. Ernst Wechtl, ein praktischer Arzt aus Aspang im südlichen Niederösterreich 1982 zurück, gleiches tat der Vizepräsident Minister Otto Rösch. Damit war im Landesverband nur mehr ein Akteur tätig, der nun versuchte, alles an sich zu reißen: Ing. Friedrich Proksch ließ sich zur Generalversammlung am 22. September 1982 zur Wahl als Präsident des Landesverbandes aufstellen, wurde allerdings von den Delegierten aus den Bezirksstellen, die sich endlich demokratisch gegen den zentralistischen Kurs wehren konnten, nicht gewählt. Enttäuscht legte er bald darauf die Funktion des Landesrettungskommandanten zurück und mit Jahresende 1982 schied er auch als leitender Angestellter aus dem Rotkreuz-Landesverband aus. (vgl. Burger 1993, S. 53)

Zentral, dezentral, föderal?
Nach der Eskalation um die Nicht-Wahl von Ing. Proksch zum Präsidenten wurden viele Gespräche mit möglichen Kandidaten um das Amt des Präsidenten geführt. Der Landespolitiker und Klubobmann der ÖVP im NÖ Landtag Ing. Hans Kellner war seit einigen Jahren auch Rotkreuz-Bezirksstellenleiter der kleinen Bezirksstelle Atzenbrugg-Heiligeneich im Tullnerfeld und wurde immer wieder als potentieller Kandidat genannt. (vgl. Wallner 1999, S. 56)

Kellner war bereits seit 1971 auch als Vizepräsident im NÖ Roten Kreuz tätig, eine Funktion die lediglich auf dem Papier bestand. In der Krise trafen sich viele Bezirkshauptleute, die oftmals in Personalunion auch Bezirksstellenleiter im Roten Kreuz waren17 im Büro des Klubobmannes, um Lösungen in der Krise zu finden. Man ersuchte Kellner, die Funktion des Präsidenten zu übernehmen. (vgl. Lechner 1999, S. 49–50)
Ing. Hans Kellner stellte sich der Wahl und wurde mit überwältigender Mehrheit gewählt. Er übernahm daher als gewählter Präsident die oberste Führung des NÖ Rotkreuz-Landesverbands, als leitender Angestellter wurde der vormalige Bezirkssekretär von Gänserndorf Christian Czink beschäftigt und in die Funktion des Landesrettungskommandanten wurde der Mödlinger Rotkreuz-Bezirksstellenleiter und Stadtrat Ing. Volkmar Burger gewählt. (vgl. Burger 1993, S. 53)
Mit diesem kompletten Wechsel an der Spitze der Organisation veränderten sich auch die Strukturen und die Spielregeln im Feld. Kellner, der als Landwirtschaftslehrer das Bundesland Niederösterreich mit seinen stark rural geprägten Regionen hervorragend kannte, war auch ein geschickter und erfahrener Politiker, der gar kein Interesse an zentraler Machtausübung hatte. Die Machtstrukturen veränderten sich schlagartig, durch die abrupt endende Zentralmacht. Auf einmal waren die Bezirksstellen mit eigener Finanzmacht ausgestattet und föderal selbst für ihren operativen Betrieb verantwortlich. Was sich natürlich nicht änderte war die Struktur innerhalb der Bezirksstellen. Die Zentralmacht wurde lediglich von einer Person auf 56 – allerdings demokratisch gewählte – Personen in Niederösterreich verteilt.
Die Aufgaben des Landesverbandes wandelten sich von der Führung in Richtung Steuerung und Richtlinienvorgaben, wobei der Fokus im Laufe der Präsidentschaft Kellners in Richtung föderaler und dezentraler Machtausübung lag. (Siehe dazu Organisationsstruktur des NÖ Roten Kreuzes).
Durch die fehlende zentrale Koordination – der Landessekretär war hinsichtlich zentraler Steuerung ähnlicher Ansicht, wie der Präsident – wanderte das Pendel vom monokratisch und zentral geführtem Bürokratiemodell Anfang der 1980er hin zum nahezu unsteuerbaren und dezentralen Modell, wie es besonders deutlich bis in die 1990er-Jahre bestand. Erst langsam, hauptsächlich bewirkt durch ökonomischen Druck, unterstützt durch verschiedene Organisationsentwicklungsversuche, bewegt sich das Gesamtsystem langsam wieder in Richtung koordiniertem Gesamtverband.
Aufgrund der Etablierung von St. Pölten zur eigenen Hauptstadt für das Bundesland Niederösterreich in den 1980er-Jahren war es der NÖ Landesregierung ein Anliegen, auch alle Niederösterreichischen Zentralen unterschiedlicher Organisationen weg von Wien zu bringen: „Für alle Hilfsorganisationen ist als Standort die Stadt Tulln vorgesehen. 1993 war der Neubau des Verwaltungsgebäudes und des Schulungsgebäudes fertig gestellt und der Landesverband zog um.“ (Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Niederösterreich 2009)

Ins neue Jahrtausend18

Aufgrund verschiedener nicht näher erläuterbarer Vorkommnisse trennte sich der Landesverband im Jahre 1998 vom leitenden Angestellten Christian Czink, eine Dreier-Geschäftsleitung als Kollegialorgan wurde eingerichtet, deren Mitglieder bereits davor mittlere Managementaufgaben im NÖ Roten Kreuz hatten. Das waren Gerhard Wessely als „Sprecher der Geschäftsleitung“, der bereits seit vielen Jahren die Ausbildung (damals die größte Abteilung im Landesverband) leitete, Maria Knöpfl, die langjährige Leiterin der Buchhaltungsabteilung und Carl-Heinz Langer, der davor viele Jahre als Leiter des operativen Rettungsdienstes tätig war.
Um die Nachfolge von Ing. Kellner bewarben sich zwei Funktionäre, die beide lange Zeit im Arbeitsausschuss waren. Auf der einen Seite der damalige Landesrettungskommandant Ing. Volkmar Burger und andererseits der damalige Vizepräsident Hadmar Lechner. Burger war ein Bauingenieur aus dem Bezirk Mödling, südlich von Wien, wo er auch selbst seit vielen Jahren Bezirksstellenleiter war. Auch sein politisches Engagement als langjähriger ÖVP-Finanzstadtrat in Mödling war bekannt. Mit der Kandidatur zum Präsidenten legte Burger seine Funktion als Landesrettungskommandanten nieder und schlug der Generalversammlung auch seinen Nachfolger zur Wahl vor: Ing. Friedrich Eigenschink, der auch gewählt wurde und diese Funktion bis heute inne hat. Die Generalversammlung wählte Hadmar Lechner zum Präsidenten; Hofrat, Verwaltungsjurist und Bezirksstellenleiter der Bezirksstelle Melk an der Donau und als Bezirkshauptmann auch im niederösterreichischen politischen Netzwerk bekannt und verankert.
Sein Nachfolger als Vizepräsident wurde der ehemalige Nationlaratsabgeordnete aus dem Waldviertel, Ökonomierat Willibald Sauer, der inzwischen selbst Präsident des Roten Kreuzes, Landesverband Niederösterreich ist.
Im Jahr 2003 gab es erneut eine Änderung in der Geschäftsleitung. Carl-Heinz Langer übernahm die Position des Geschäftsführers, die bis dahin eingerichtete kollegiale Leitung wurde wieder durch eine monokratische Führung ersetzt.19

Die Causa LEBIG20

Im Oktober 2001 präsentierte das Land NÖ eine Analyse, die vorschlug, die so genannten Leitstellen zu reorganisieren. Das sind die Organisationseinheiten, die die Notrufe und Anrufe entgegen nehmen und die Fahrzeuge des Rettungs- und Krankentransportes koordinieren. Zu diesem Zeitpunkt gab es in NÖ mehr als 90 Leitstellen, beim Roten Kreuz deutlich über 50. Die Funktionärsgremien beschlossen daher eine Restrukturierung, die sich aufgrund der bestehenden Organisationsverhältnisse nur durch eine Herauslösung der bestehenden Leitstellen in ein neues „Shared Service“ durchführen ließ.
„Am 5. März 2003 wurde die LEBIG (Leitstellen-Entwicklungs, -betriebs- und -integrationsgesellschaft mbH) offiziell gegründet.“ (144 NOTRUF NÖ GMBH 2008)
Diese Gesellschaft – zunächst im Eigentum des Roten Kreuzes und später mit dem Christophorus-Flugrettungsverein, dem Betreiber der ÖAMTC-Notarzthubschrauber und dam NÖ Arbeitersamariterbund als Minderheitsgesellschafter – übernahm auch einen Großteil der angestellten Leitstellenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter. Durch die Herauslösung des Personals aus dem Betrieb wurden allerdings auch die laufenden Kosten explizit, die bis dahin als allgemeine Verwaltungsgemeinkosten nicht weiter auffielen. Diese wurden daher – kalkuliert auf den einzelnen vermittelten Auftrag – den Dienststellen verrechnet. Zudem wurde in moderne Infrastruktur im IT und Telekommunikationsbereich investiert und ein landesweites Qualitätsmanagement eingeführt, was zu einer zusätzlichen Erhöhung der laufenden Betriebskosten geführt hat. Gleichzeitig verloren die regionalen Führungskräfte den direkten Zugriff auf die Leitstellen, die die zentralen Regelungs- und Steuerungsinstrumente für den Rettungs- und Krankentransportdienst sind.
Aufgrund der gestiegenen laufenden Kosten und der Tatsache, dass die Infrastrukturinvestments auch eine Finanzierungslücke hinterließen, versuchten viele Funktionäre, die Verantwortung und vor allem die Kosten an der LEBIG abzutreten. Das Land Niederösterreich übernahm daher im Juni 2004 nach einigen Verhandlungen gleichzeitig mit der Finanzierung des Systems auch die Mehrheitseigentümerrechte an der Gesellschaft und die Rettungsdienstorganisationen haben dort nur mehr eine Sperrminorität. Durch diese Übernahme wurden die laufenden Betriebskosten für die Bezirksstellen selbst gesenkt – allerdings gab man damit auch das Steuerungsinstrument für den Rettungsdienst und Krankentransport in Niederösterreich aus der Hand.

Nachsatz

Der Textteil zur Geschichte des Roten Kreuzes in Niederösterreich seit dem Zweiten Weltkrieg stützt sich zum größten Teil auf sehr wenige Quellen. Die Autoren dieser Quellen waren zumeist selbst Organwalter der höchsten Führung des NÖ Roten Kreuzes, daher kann man die Historie in dieser Form auch als „Teil der feldspezifischen Illusio“ zur Gestaltung einer organisationsspezifischen Realität bezeichnen.
Speziell die Interpretation der Tätigkeiten des ehemaligen Landessekretärs und Landesrettungskommandanten Proksch sind in diesen Quellen extrem einseitig geschildert. Bedenkt man, dass beispielsweise Volkmar Burger unter Proksch Teil der jungen „Häresie“ im Feld war und nach dessen Fall in die Orthodoxie aufstieg, so wird auch dieses Abschließen mit dem Paradigmenwechsel und die Negation der vorigen Führungskräfte unter Euphemisierung der eigenen Leistungen im Rahmen des organisationalen Wandels durchaus nachvollziehbar.
Gerade hinsichtlich der Niederösterreichischen Rotkreuz-Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg wäre eine eigene quellenbasierte Studie sinnvoll und angebracht, zumal die Akteure der ersten Stunde nach der Absetzung von Ing. Proksch inzwischen verstorben sind und auch die zweite Generation der Führungskräfte danach inzwischen in der Reserve ist und ein abgeklärter – vielleicht objektiverer – Blick auf die damaligen Entwicklungen nunmehr leichter fällt.

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Fussnoten

1 Dunant finanzierte und verlegte die erste Auflage von 1.600 Stück selbst, weil er das Buch nie in den Verkauf bringen wollte (vgl. Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 15)
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2 So gründete er beispielsweise – bereits 1852 – in Genf auch den Schweizer Ableger des Vereins Christlicher Junger Männer.
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3 Insgesamt – Dunants Preis eingerechnet – erhielt das Rote Kreuz vier mal den Friedensnobelpreis: 1901 (Henry Dunant), 1917 (IKRK), 1944 (IKRK), 1963 (IKRK und Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften). (vgl. Durand 2001, S. 285)
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4 In den Statuten des Völkerbundes fand sich auch ein Verweis auf die Liga und ihre Aufgaben. Österreichisches Rotes Kreuz 2002, S. 23
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5 Vilt geht davon aus, dass dies aufgrund der „Neutralisierung“ der Sanitätsdienste im Abkommen entschieden wurde.
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6 Damit kam es zur interessanten Situation, dass der Niederösterreichische Landesverband 13 Jahre älter ist, als die Dachorganisation.
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7 Daraus ergab sich offenbar die für Österreich (und auch Deutschland) spezifische Eigenschaft der Rotkreuz-Organisation als Uniform- und Distinktionstragende Organisation, wie das im Rest der Welt für Rotkreuz-MitarbeiterInnen nicht üblich ist. Ein weiteres Element dürfte die Regimenähe im Dritten Reich gewesen sein (s.u.).
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8 Das ist fast 40 Jahre später, als in Deutschland, wo in Berlin bereits 1888 der Samariterbund entstand. Arbeiter-Samariter-Bund Deutschland o.J.
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9 Zudem war Grawitz für die Annäherung des Deutschen Roten Kreuzes an die SS verantwortlich und er ordnete Menschenversuche in den Vernichtungslagern an. (vgl. Wicke 2002, S. 36–41)
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10 So zitiert Dempfer Dempfer 2009, S. 56 einen deutschen Rotkreuz-Funktionär (nach Morgenbrod, Birgitt; Merkenich, Stefan (2008):Das Deutsche Rote Kreuz unter der NS-Diktatur 1933-1945)
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11 Allerdings waren auch viele der vor 1938 verantwortlichen Funktionäre und Mitarbeiter aufgrund der Gräueltaten im Nazi-Regime und der anschließenden „Gleichschaltung“ ermordet oder vertrieben worden. Ein Umstand, der für viele Österreichische Organisationen nach dem zweiten Weltkrieg gleich war, jedoch nirgendwo wirklich als relevant beachtet wurde.
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12 Diese wurden im Jahr 1965 auf einer internationalen Rotkreuz-Konferenz in der Wiener Hofburg beschlossen und gelten seit dem weltweit.
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13 Die Rotkreuz-Bezirksstelle in Wiener Neustadt ist auch heute noch eine der größten und leistungsfähigsten des Roten Kreuzes in Niederösterreich. Zahlreiche Innovationen und Leistungsbereiche wurden für Niederösterreich dort entwickelt. (Beispielsweise Trinkwasseraufbereitung oder die Hundestaffeln)
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14 siehe dazu die Kapitel Der Erste Weltkrieg Seite 10, Zwischenkriegszeit Seite 10 und Nazidiktatur und Eingliederung ins Deutsche Rote Kreuz Seite 11
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15 Auswirkungen dieser anachronistischen Zusammenfassung verschiedener Organisationsebenen und Einheiten in einem gemeinsamen Verein bestehen bis heute, zum Beispiel in der vom Generalsekretariat verwalteten „Sonderorganisationseinheit“ der Blutspendezentrale für Wien, Niederösterreich und das Burgenland.
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16 Ein im Roten Kreuz noch immer verwendeter Amtstitel für die leitenden Angestellten der Landesverbände, der in früherer Zeit auch dem Chef des Bildungszentrums und der Blutspendezentrale zustand.
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17 Es gab früher zahlreiche Bezirke, wo man als Bezirkshaupmann nahezu „automatisch“ auch Bezirksstellenleiter beim Roten Kreuz wurde, das Amt war sozusagen in „Erbpacht“ für den jeweiligen Hofrat reserviert.
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18 Ab hier schildere ich die Geschichte des Roten Kreuzes in Niederösterreich zum größten Teil nicht mehr Quellengestützt, sondern aus meiner persönlichen Erinnerung. Ich war ab 1996 im NÖ Rotkreuz-Landesverband zunächst als Zivildienstleistender und ab Februar 2007 als Angestellter mit Verantwortung für die Pressearbeit und das Marketing tätig.
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19 Ich beende an dieser Stelle die Chronologie der Geschichte des NÖ Roten Kreuzes, zumal jüngere Ereignisse noch zu präsent sind, um diese aus der historischen Perspektive betrachten zu können.
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20 Diese eine Causa ist deswegen von Relevanz, weil die Meinungen pro oder contra Verkauf der LEBIG-Anteile an das Land Niederösterreich noch immer Gegenstand verschiedener Auseinandersetzungen im Feld des NÖ Roten Kreuzes sind, oder zumindest in manchem Konflikt mitschwingen. Natürlich gibt es in dieser Causa auch eine parteipolitische Komponente, die ich mangels neutraler Perspektive aber Außen vor lasse.
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