Mein Beitrag zur Debatte über den Ausschluss von Männern, die Sex mit Männern haben, von der Blutspende.
Immer wieder flammt die Diskussion auf, ob das Blutspende-Verbot für Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), diskriminierenden Charakter hat. Einige Vertreter der schwulen Community sehen das definitiv so. (Dazu beispielsweise der Blogpost von Michael Leiblfinger)
Doch für das Rote Kreuz als Hersteller eines Medikaments – als solches sind ja Blutprodukte einzustufen – muss zunächst die Empfängerseite beachtet werden. Das Blutsicherheitsgesetz definiert in seinem §1 sehr deutlich, um was es bei der Sicherheit geht:
„Dieses Bundesgesetz regelt die Gewinnung und Testung von menschlichem Blut und Blutbestandteilen sowie die damit zusammenhängenden Sicherheitsmaßnahmen, um Spendern und Patienten den bestmöglichen Schutz zu bieten“.
Als Grundlage dafür, ist – und so lautet der zweite Absatz des §1 BSG „…der Stand der medizinischen Wissenschaft einzuhalten“.
Für das Österreichische Rote Kreuz, als humanitäre Organisation ganz klar dem Menschen verpflichtet – nicht zuletzt lautet unser Slogan ja auch „Aus Liebe zum Menschen“ – ist es daher von jeher ein Dilemma, zwischen den – durchaus berechtigten Forderungen der SpenderInnen, die ja Gutes tun wollen, und den Rechten und Forderungen der EmpfängerInnen, die Notleidend im medizinischen Sinne sind, abzuwägen. Dabei machen wir es uns nicht leicht.
Gerne will ich versuchen, im folgenden die medizinischen Grundlagen für den bestehenden Blutspende-Ausschluss von Männern, die Sex mit Männern haben, zu begründen. Es handelt sich im Grundsatz um eine epidemiologische Feststellung, also um eine medizinstatistische Aussage, die sich auf Studien zur so genannten „Prävalenz“ (und da ist ein Unterschied zu den immer wieder ins Treffen geführten Neuerkrankungen, der so genannten Inzidenz) von HIV Erkrankungen stützt.
HIV-Prävalenz als Maßzahl
Als Prävalenz (oder Prävalenzratio) wird die Zahl bezeichnet, wie viele Menschen einer bestimmten Gruppe (Population) definierter Größe an einer bestimmten Krankheit erkrankt sind, beziehungsweise für die Infektion mit dem HI-Virus, wieviele eine ebensolche Infektion haben.
Diese Prävalenzrate beträgt für HIV in der Österreichischen Gesamtbevölkerung im Jahr 2006 0,0011, das heißt in einer Stichprobe von 1000 Personen war statistisch im Jahr 2006 ziemlich genau eine HIV-infizierte Person zu erwarten. Nimmt man nun die so genannte Prävalenz von Männern, die Sex mit Männern haben (Quelle: http://eurohiv-database.invs.sante.fr/), so liegt diese signifikant über der ersten Zahl. Die verfügbaren Studien, beispielsweise aus der Schweiz 2004[1] zeigen hier eine Prävalenzrate von 0,09; nimmt man beispielsweise alle BlutspenderInnen in Österreich im Jahr 2004 (eurohiv-database), so lag die Prävalenz bei 0,01. Das heißt, wenn man nun die Epidemiologie wieder übersetzt, dass die Chancen, dass eine HIV-Infektion vorliegt, in der ausgeschlossenen Zielgruppe von Männern, die Sex mit Männern haben, deutlich höher ist – je nach Studien, die man vergleicht – als dies bei allen anderen Blutspenderinnen und Blutspendern der Fall ist.
Das heißt aber auch, dass das Risiko für den Empfänger einer Blutkonserve, sich mit den HIV-Viren zu infizieren entsprechend steigt, denn die modernsten PCR-Verfahren in der Blut-Testung können leider noch immer nicht 100%ig garantieren, dass man alle Erreger finden kann. Die Meldungen, dass die Zahl der Neuinfektionen mit dem HI-Virus in allen Bereichen der Bevölkerung sinken sind sehr erfreulich, doch das Gesamtrisiko – und damit das Risiko für den Empfänger – reduzieren diese (im Moment) noch nicht.
Diskriminieren wir den Spender oder den Empfänger?
Nach diesen statistischen Erklärungsversuchen daher die Frage: Würden Sie diese Möglichkeit des Risikoausschlusses für den Empfänger, und um nichts anderes darf es in dieser Diskussion gehen, außer Acht lassen?
So gesehen ist es hoffentlich nachvollziehbar, warum rechtlich und auch moralisch das Recht des Empfängers, eine sichere Blutkonserve zu erhalten deutlich höher eingestuft wird, als das Recht des Spenders, Gutes zu tun.
Warum man aufgrund derartiger Entscheidungen allerdings als Schwulenhasser bezeichnet wird, ist mir nicht ganz einsichtig.
Ein Link zum Thema Blutspendeforschung und HIV von Univ. Prof. Dr. Renate Heinz .
[1] Balthasar H, Jeannin A, Dubois-Arber F. surveillance des comportements face au VIH/sida chez les hommes ayant des rapports sexuals avec des hommes – Suisse, 1992-2004. Int J Public Helath 2007;52:27-38
Das RK sollte schlicht und ergreifend den Mumm haben zu sagen: Wir schließen Männer die mit Männern schlafen vom Blutspenden aus.
Das was jetzt und hier passiert ist Schikane. Feige noch dazu.
Abschließend zitiere ich noch aus einer FB Diskussion: „[…]alle länder, die blutspenden für msm erlauben, halten sich laut dem blogger nicht an den stand der medizinischen wissenschaft?“
und meine… keine unberechtigte Frage…
Hi Willi,
Genau das sagen wir ja. Siehe „Homosexuelle Männer“ auf
Hat allerdings bis heute Vormittag gefehlt.
Zum Thema medizinische Wissenschaft gibt es – wie fast überall in den Wissenschaften ausserhalb der Theologie keine eindeutige Faktenlage. Man wird immer wieder unterschiedliche Meinungen finden, doch – wie auch in anderen Bereichen sind wir zur besonderen Vorsicht angehalten.
Klar ist allerdings – im Gegensatz dazu – die Rechtslage: Liefern wir eine HIV-positive Blutkonserve aus und jemand hat deswegen eine Infektion, dann haften wir dafür und nicht der Spender. Das Gericht wird in dem Falle genau so, wie ich im Posting oben zu rechnen beginnen und fragen, warum diese bekannten epidemiologischen Verhältnisse keine Berücksichtigung fanden.
Ich verstehe den Frust, weil es ist eine Diskriminierung. Allerdings aufgrund objektiver nachvollziehbarer Kriterien.
„Homosexuelle Männer: Männer, die Sex mit Männern hatten, werden von der Blutspende aufgrund eines signifikant höheren HIV-Infektionsrisikos ausgeschlossen. Grund dieses Ausschlusses ist das verbleibende Restrisiko bei der Diagnostik, das trotz modernster PCR-Testung nicht ausgeschlossen werden kann. Somit werden selbst homosexuelle Männer, die geschützten Verkehr praktizieren, von der Blutspende ausgeschlossen, weil das Kondom keinen 100%igen Schutz vor Ansteckung bietet.“
Mehr muss man nicht sagen. Ich verstehe nur eine einzige Sache nicht:
WARUM wundert ihr als RK euch wenn man euch Diskriminierung vorwirft? Das ist einfach nur logisch wenn man sowas lesen muss. Heteros verwenden die selben Kondome – warum zur Hölle wundert ihr euch über Diskriminierungsvorwürfe? Selber schuld. Punkt.
Später Kommentar, nach Lektüre der unter http://www.roteskreuz.at/blutspende/informationen-zur-blutspende/tests-sicherheit/blutspendekarte/medizinische-fragen-und-klaerung/ augezählten Fragen: Wieviele Blutspender_innen gibt es in Österreich überhaupt? Die Frage „Hatten Sie ungeschützten Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern?“ kann doch fast kein kein heterosexueller Erwachsener ruhigen Gewissens mit „Nein“ beantworten, schon gar nicht, wenn er oder sie in den 1970er Jahren erwachsen geworden ist oder wenn er oder sie geschieden und wiederverheiratet ist.