Der ÖRK-Delegierte Michael Wolf berichtet aus Myanmar. Der Wassertechniker betreut dort den Wiederaufbau der Wasserversorgung nach dem Zyklon Nargis vor einem Jahr.
Der Job als Delegierter des Roten Kreuzes in Myanmar
Der Übergang von der ERU-Arbeit in China zur Schreibtischarbeit in Myanmar war gewöhnungsbedürftig. Aber es spielte sich nach ein paar Monaten langsam ein.
Ich arbeite hier als Teil des Rotkreuz-Netzwerkes, bestehend aus ÖRK, Myanmar Red Cross (MRCS) und internationaler Rotkreuz-Föderation an der Wieder-Herstellung der Wasserversorgung nach dem Zyklon Nargis. Die Projekte laufen alle unter MRCS, die Föderation gibt technische Unterstützung.
Insgesamt unterstützen wir 100.000 Haushalte (etwa eine halbe Million Menschen) im betroffenen Gebiet (Ayerwaddy Delta). Es hat etwas gedauert, bis der Wiederaufbau auf vollen Touren lief. Zunächst galt es, die Formalitäten der Zusammenarbeit zu regeln. Auch die Assessments und die Auswahl der Dörfer brauchten ihre Zeit.
Reisen im Delta dauern nicht selten mehrere Stunden per Boot. Um in Dörfer zu gelangen, muss auf Ebbe und Flut sowie Strömungen geachtet werden und es kommt auch auf die Größe und Beladung des Bootes an.
Wasserversorgung in Myanmar
Von Oktober bis April ist Winter, das heißt Trockenzeit und nachts kann es „kalt“ werden (eigentlich angenehm frisch).
Die Hauptwasserversorgung in ländlichen Gebieten geschieht über „rain water harvesting (RWH)“. Regenwasser wird entweder vom Hausdach in großen Tonkrügen (150L) oder in Teichen (ponds) gesammelt.
Viele Tongefässe zerbrachen während des Sturms. Teiche wurden von salzigem Meerwasser überschwemmt. Also mussten die Teiche gereinigt werden: Wasser auspumpen und die oberste (salzige) Erdschicht abtragen.
Dann konnte wieder Regenwasser gesammelt werden, die Regenzeit hatte aber schon eingesetzt und somit konnten die Teiche nicht ganz gefüllt werden. In manchen Gegenden dringt auch salziges/ versalztes Grundwasser in die Teiche ein.
Insgesamt also steht für die Trockenzeit nur ein begrenztes Maß an gespeichertem Grundwasser zur Verfügung. Die akute Wasserversorgung ist deshalb zur Zeit unser großes Thema. Wir stehen vor der logistischen Herausvorderung, Trinkwasser per Schiff zu verteilen. Und ausreichende, naheliegende und brauchbare Rohwasserquellen für die Wasseraufbereitung zu finden.
In der Trockenzeit regnet es nicht nur ein wenig, sondern überhaupt nicht, es fällt über Monate kein einziger Tropfen Wasser.
Meine Arbeit als solche findet meist am Schreibtisch statt: Daten aus Reports extrahieren und sammeln, Richtlinien erstellen, Material bestellen und versenden, Personal interviewen und zur Rekrutierung vorschlagen, field visits planen/ ändern…
Internet und Funk sind hier keine Selbstverständlichkeit, was die Kommunikation und den Informationsaustausch sehr eingeschränkt. Weil auch die Reisetätigkeit ins Feld eingeschränkt und aufwendig ist, sind die Projekte zum größten Teil „ferngesteuert“.
Myanmar ein Jahr nach der Katastrophe
Vom Zyklon sieht man kaum noch etwas. An größeren Gebäuden, z.B. Klöstern sieht man noch Schäden. Die Bevölkerung ist ziemlich arm und lebte auch vor Nargis in eher armseligen Bambushütten, die sie wieder aufbauten. Wie viele Leute allerdings in einem Haus wohnen oder wie die Verhältnisse der Bevölkerung wirklich sind, lässt sich nur schwer einschätzen.
Die Hauptstadt Yangon hingegen hat Hochhäuser, aber auch eine ausgedehnte koloniale Altstadt. Pflanzen bewachsen die 100 Jahre alten, verfallenen und verwitterten Prunkbauten, aber auch hier gehört der Wassertransport per Handkarren oder LKW zum Alltagsbild.
Von anderen NGOs hört man, dass sie nur begrenzt tätig sein werden (sowohl zeitlich als auch geographisch). Das Rote Kreuz ist durch das MRCS jedoch permanent im Land (und in allen 13 betroffen Townships) tätig und vertreten. Der Nargis Appeal der Föderation ist auf drei Jahre ausgelegt. Auf mittlere bis lange Frist ist das Rote Kreuz also die Organisation auf die sich die Menschen hier verlassen und zählen.