Was war eigentlich mei Leistung?

Mit diesem mittlerweile legendären Zitat möchte ich meinen Angekündigten Rückblick auf  fast 7 Wochen Haiti beginnen.

Bisher konntet Ihr Heiteres, Ernstes, Wirkliches, Erträumtes und auch manches zum Schmunzeln lesen. Was habe ich hier tatsächlich weiter gebracht? Hab ich ausser zu bloggen auch sinnvolles gemacht oder gar Leben gerettet?

Nein, ich habe keine Leben gerettet. Klingt jetzt für einen Arzt nicht wirklich ermutigend. Ich bin aber auch nie müde geworden zu betonen, dass ich hier nicht als Arzt gearbeitet habe. Ich war HP (hygiene promotion) Experte it medizinischem Background. DAS ist ein großer Unterschied. meine Arbeit war von allem Anfang an nicht PatientInnen zu betreuen, sie gar zu versorgen oder zu retten. Dafür gibt es MSF (Ärzte ohne Grenzen) oder andere NGOs (die Abkürzung hatten wir schon). Meine Arbeit kann man nicht messen. Durch meine Arbeit haben nicht nachweislich 500 Menchen keine Cholera bekommen. Das ist das Problem auch mit Public Health. Nach Nichtraucherkampagnen kann man nicht sagen: dadurch haben wir 600 Nichtraucher mehr- also potentiell 15 Fälle weniger an Lungenkrebs. Wäre cool..geht aber nicht.

Also ich werde mal einen groben Überblick geben. Nicht alles war erfolgreich, manches auch etwas weniger..

  • Zunächst mal habe ich versucht, mein Team und auch die Volunteers mit Material zu versorgen. Nicht nur Chlor, Plakate, usw… auch zum Beispiel Picture Cards (also Karten mit Bildern, die den Weg der Verunreinigung von Wasser und Lebensmitteln abbildet). Ich hatte ein Reservoir an viiiiielen Karten, aber trotzdem stellt jeder sein eigenes Kartenset zusammen- je nach Ziel. Schummelzettel für mein Team, Cholera Info Zettel,… Auch hier: man sitzt den ganzen Tag vorm Computer, hat nicht den Eindruck, etwas sinnvolles weiter zu bringen, aber es ist eine Arbeit, die gemacht werden muss.
  • Wir haben unsere community volunteers mit Trainings unterstützt, diese geschult, mit Material unterstützt und so versucht Menschen zu motivieren, ihre wertvolle Arbeit zu leisten. Es geht hierbei um Hausbesuche in ihren communities, Schulungen- einfach Verbreitung der Infos zum Thema Cholera und ihre Prävention (Stichwort Picture Cards weiter oben). Dazu muss man sagen, dass es in unserer Region noch immer wieder mal Cholerafälle gibt, die Zahl aber stetig ab nimmt. Nicht alles ist unserer Arbeit zu verdanken, aber täglich durchschnittlich 20.000 (in Worten zwanzigtausend) Liter gechlortes und damit sicheres Wasser, die in den communities behandelt werden, sind ein wichtiger Teil der Arbeit.
  • Zur weiteren Unterstützung, Entwicklung neuer Ideen, Fragen,.. usw. fanden und finden immer wieder Meetings mit den Freiwilligen der communities statt. Ich habe darüber berichtet
  • Nachem der Bau der Shelter und damit der Latrinen beginnt, haben wir auch hier im Rahmen des Latrinenbaus eine Hygieneschulung geplant und implementiert um hier nochmals die Wichtigkeit  einer sauberen Latrine, des Händewaschens,.. zu betonen und diese den Menschen im Gedächtnis zu halten. Weniger Gefahr von Cholera, erhöhter Lebensstandard
  • Wir haben versucht, in 8 Schulen Händesdesinfektion zu zeigen und die Schulen mit Chlor zu versorgen. Dies hat halb funktioniert. Leider oder zum Glück, das sei dahin gestellt, hat letzte Woche eine andere NGO in unserem Distrikt begonnen, an insgesamt über 30 Schulen- unter anderem auch dem Großteil unserer- Seifen, Kübel, Chlor… zu verteilen. Ausserdem haben sie ein nettes Programm auf die Beine gestellt, um ältere Schüler quasi als „Big Brothers / Sisters“ zu trainieren. Nicht im Sinne von Überwachung, sondern als gutes Vorbild für die Kleinen. Nachdem das Budget grösser ist bzw. die NGO sich auf Schulen spezialisiert hat,konnten wir nach Rücksprache die Versorgung auch unserer restlichen Schulen sicher stellen. Es ist einfach nötig, um Doppelgleisigkeiten und evt. unterschiedliche Chlormengen zu vermeiden.  Das passiert leider ab und zu, wenn so etwas ohne Rücksprache durchgeführt wird

Ihr werdet Euch jetzt fragen, warum man unterschiedliche Chlormengen nehmen kann? Es geht hier um unterschiedliche Bedürfnisse: wir forcierten die Desinfektion. Wobei Chlorwasser und Seife einander in der Wirkung weitgehend aufheben (Chlor wirkt als Säure, Seife als Base). Deshalb propagiert die andere Organisation nur die Desinfektion von Wasser, die mit weniger Chlor einher geht. Hier wird aber das Händewaschen mit diesem Wasser und Seife empfohlen. Langer Rede kurzer Sinn: Zu viele Köche verderben den Brei.

Ich verbuche dies unter : netter Versuch, leider nicht ganz geklappt. Das wichtigste: den Schulen wird weiter geholfen- ist ja egal von wem.

Dafür haben wir einer Schule, Lumiere de Dieux, vermutlich einer der ärmsten Schulen auf der Latrinen- Prioritätenliste ganz nach oben gesetzt. Da sollte sich bald etwas tun. Warum wir nicht mehr tun? Altes Problem: ohne entsprechende Unterlagen wie Urkunde über das Eigentum des Grundes, offizielle Berechtigung,… also alles um beim Aufbau zu helfen sind uns die Hände gebunden. Ich hoffe, sie haben bald alles zusammen.

Die Schule steht schon seit einem Jahr.Erstaunlich
Latrinen sind schnell gebaut, im Notfall aber auch schnell wieder zugeschüttet, falls es Probleme mit dem Eigentümer gibt. Ganz so bürokratisch wollen wir nicht sein,auch wenn man von manchen Dingen leider nicht absehen kann.

Um die Schule auch ein bisschen zu unterstützen, werden wir den Weltwassertag dort auch feiern. Dies führt uns zum nächsten Punkt
WWD: ich verbuche das mal als Erfolg, auch wenn er erst in 3 Tagen statt findet. Sollte es keine Hibernation (Ausgangssperre) geben- Morgen sind Wahlen und keiner weiss, wie es danach im Land aussieht- wird der Tag wie geplant statt finden. Das Material ist zumindest schon in der Schule. Ich denke, dass jedem die Bedeutung von Wasser in jeder Form bewusst sein sollte. Von Lebensspender bis zum Todbringer ist hier alles möglich. DAS wollen wir den Kindern näher bringen und die Wichtigkeit, auf Wasser zu achten, weil es sehr wertvoll ist.
Nicht zu vergessen die Meetings, die Treffen mit anderen NGOs, 108.351 Berichte schreiben, Kontakt zum Chef, nach Wien, was auch immer halten. Ja, da kam einiges zusammen.

Für mich war es eine grosse Erfahrung, ich durfte viel lernen, durfte Wissen anwenden, Menschen, Freunde kennen lernen und meinen Durst nach neuen „Zivilisationen“  stillen. Es ist immer schön, neue Länder, Menschen zu entecken, sich an die jeweiligen Gepflogenheiten zu gewöhnen und sich anzupassen versuchen.

Nein, das ist nicht mein letzter Blogbeitrag. Dies ist nur meine Zusammenfassung. Ich werde mich nochmals melden: das Geheimnis des WWD wird noch gelöst. Keine Angst.

Ich hoffe, anders als in der Politik, das dies eine Ausreichende Erklärung auf die Frage war: WAS WAR EIGENTLICH MEI LEISTUNG?

Somit werde ich nun meinen letzten Samstag Abend in unserem Haus in Leogane verbringen. A bientot.

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