Vermutlich zum letzten mal aus Haiti schreibe ich meinen Blog. Ich hoffe er wird nicht zu melancholisch. Nachdem der letzte Eintrag sehhhr sachlich war hier mal wieder ein paar Dinge aus dem Leben eines Delegates.
Heute war mein letzter Programmpunkt hier in Leogane. Der World Water Day (WWD). Wie versprochen löse ich das Geheimnis… was haben wir gemacht? Wir haben bereits am Freitag in die „Ecole Lumiere de Dieux“ Buntstifte und ca. A5 grosse Wassertropfen gebracht. Die Kinder hatten bis heute Zeit sie zu bemalen. Das Motto lautete “ Was ist Wasser für mich“. Die klassische Antwort ist: Wasser ist Leben. Fragt man einen Watsandler (umgangssprachlich für Water & Sanitation – WatSan- Mitarbeiter) so wird der wie aus der Pistole geschossen sagen: Wasser ist das Notfall Medikament Nummer 1. So wird man gedrillt. Die Frage, die wir aber mit den Kindern erörtern wollten: was kann Wasser alles sein? Trinken, sich waschen, Pflanzen zum wachsen bringen,… Das schöne an der Sache: es waren neben den ca. 25 Kindern zwischen 6 und 10 Jahren auch 10 Mütter gekommen. Anders wie bei „Schulaufführungen“ bei uns haben die Erwachsenen mitgezeichnet, Lieder zum Thema waschen, Cholera,… gesungen und waren mitten im Geschehen. Es wurden Gedichte vorgetragen und gemeinsam erarbeitet, dass Wasser auch das Meer ist und das man DAS Wasser nicht trinken kann, das Wasser auch Keime enthält, die krank machen, dass man aber mit Chlorox (lokales Chlor) Keime töten kann und das Wasser wieder trinkbar ist. Ich habe das Ski fahren rein gebracht. Wasser ist auch Schnee. Newton, unser Mitarbeiter hat gemeint, er kenne Schnee: aus dem Fernsehen, den Eiswürfeln und dem Kühlschrank. Na immerhin… Ich war wirklich sehr zufrieden. Alle haben gemeinsam überlegt, was Wasser alles ist…
Zu den letzten Tagen:
Nachdem ich am Samstag wieder mal meine Kochkünste (LASAGNE Haitian Style) zeigen durfte, haben Kerstin- meine Kollegin und ich kurzfristig beschlossen unserem Kollegen zum Purzeltag eine Karottentorte zu backen. Da wir ja schon geübt hatten ging es fast wie allein. Mehl..OK, Staubzucker.. brauner muss auch gehen, Margarine.. gibt es nicht, also Öl, Nüsse.. die dürfte wer gegessen haben- also ohne, Backpulver.. lieber
mehr, dass er auch auf geht, Eier.. JA, DIE haben wir, Karotten..sind da, aber das System mit der „flotten Lotte“ ging irgendwie nicht. Zu meiner Verteidigung: Kerstin hat die Karotten geschnitten- also mit der Käsereibe hats dann geklappt, Saft einer Zitrone.. ist da, leider bin ich erst drauf gekommen, als der Kuchen schon im Rohr war. Aber wer mit so viel Liebe bäckt, dem gelingt es auch. Unser Kollege war angetan von unserem Karottenkuchen- alles das in der Mittagspause.
Am Sonntag gab es Hibernation, da niemand wusste, wie die Wahl verlaufen würde noch dazu, wo am Freitag Aristide nach Haiti zurück gekehrt war. <es blieb aber äußerst ruhig. Eigentlich war gar nichts. Dafür haben am Samstag in unserem Ort wieder mal Reifen gebrannt.
Der Hintergrund dazu wurde mir folgerndermaßen erzählt:
Ene NGO (egal welche) hatte Zahltag, also haben alle Mitarbeiter ihr Geld bekommen. Eine andere benachbarte/ befreundete NGO hat aber nicht gezahlt. Deshalb wurden kurzerhand die Strassen gesperrt, Reifen angezündet und demonstriert. Das interessante an der Geschichte. Die letztere NGO hat deshalb nicht gezahlt, weil bei ihr (wie immer) Zahltag erst kommenden Samstag ist. Irgendwie haben die Menschen das vergessen. Es klingt jetzt lustig, war es auch bis zu einem gewissen Grad, aber auch hier sieht man wieder, dass nur ein kleiner Anlass ohne jeglicher Grundlage die Lage eskalieren lassen kann. Dann wird ein Auto umgeworfen, Reifen abgebrannt und mit den richtigen Leuten dabei hat man ohne ersichtlichen Grund einen Aufstand… Always take care.
Gestern gab es dann als Abschluss so ein richtiges leicht sentimentales beisammen Sitzen mit den Kollegen (+in). Ich hatte ein wirklich nettes Team und habe einige wirklich ins Herz geschlossen. Man kommt sich näher (nein nicht SO nahe), die Gespräche werden tiefgründiger.
Diesmal ging ich unfreiwillig wirklich nach dem Motto: Wenn es am schönsten ist, soll man aufhören.
Nachdem ich am Freitag es erstmals wirklich geschafft hatte, das English des Kollegen in halbwegs verständliches Französisch zu übersetzen, habe ich gemerkt, ja JETZT gehts, ich kann auch im Feld mitteilen, was ich will ohne 10 Hände und 15 Füsse zu Hilfe nehmen zu müssen….
Nach einem rührenden Abschied von unserem lokalen Team heute sitze ich gerade im Base Camp in PaP und erledige neben dem Blog noch die letzten organisatorischen Aufgaben. Es gibt hier wirklich chilling Ecken und rundherum wird gebaut. Auch das Camp wird, nachdem jetzt alles offiziell dem Haitianischen RC (HRC) gehört aufgerüstet. Die neue Küche ist gefliest- als ich vor 2 mon da war, wurde gerade mal der Estrich gemacht. Viele neue Zelte und ich konnte heute auf französisch einchecken. „aufmichselbststolzbin“.
Ich danke für die durchwegs positiven Meldungen zu meinen Blogs, danke allen LerserInnen und werde jetzt „Il dolce fa niente“ hier geniessen. Ab morgen beginnt eine stressige Woche, bevor ich in 10 Tagen für 3 Monate nach Hamburg düse um dort mein Glück zu versuchen.. Ein Hinweis in eigener Sache: Bin auf der Suche nach 2 Monaten Arbeit auf einer HNO im Krankenhaus oder 3 Monaten in einer HNO Lehrpraxis. Erst dann kann ich dem RK auch als Arzt helfen… Hinweise ans RK. Danke
Als Abschluss möchte ich noch Wolfgang, meinen Kollegen der Abteilung SHELTER zitieren, woran man merkt, dass man schon länger im Einsatz ist:
„Ich merke es daran, dass ich mir denke: Die Ameisen, die beim Frühstück nicht rechtzeitig aus meinem Müsli verschwinden haben einfach Pech gehabt. Sie werden mitgegessen.“ MAHLZEIT und a bientot