Schlafen, sagt man, wird überschätzt. In unserem Fall von Schlaf zu sprechen ist vermutlich ohnehin eine Übertreibung. Nach nur etwa 4 Stunden Schlaf, der immer wieder von Sirenen der Rettungswagen durchbrochen wurde, versuchten wir eine im besten Falle lauwarme Dusche zu nehmen. Unser Küchenteam war schon wieder höchst motiviert und hat den lebenswichtigen Kaffee und Tee bereits hergerichtet. Es gibt Wurst, Marmelade und Brot. Im komatösen Zustand versuchen wir gerade die völlig übermüdete Nachtschicht abzulösen. In den letzten 12 Stunden haben sie über 50 Patientinnen betreut. Dabei bekamen sie es mit Patienten mit Verdacht auf Masernausbruch genauso zu tun, wie zur Versorgung von Reanimierten oder frisch operierten Patienten.
Den Höhepunkt bildete eine Gruppe aggressiver junger Leute die immer wieder versuchten in das Ambulanzzelt einzudringen. Durch Beruhigung, Fürsprache, und warmen Tee konnten die jungen Schauspielerinnen beruhigt werden. Unser Support Team sorgte nicht nur für ausreichend Licht und Strom für die Handy Ladegeräte ( ein Dank auch an den FMD für das WIFI Netz), sie waren auch laufend um unser leibliches Wohl bemüht. Immer wieder wurde der Wassertank für die Duschen aufgefüllt. Kaum hatte die Frühschicht begonnen, gab es natürlich schon wieder einige Patienten, die immer wieder in Trauben mit Rettungswagen hergebracht worden sind. Zwischendurch kam es auch immer wieder zu sogenannten „no play“ Situationen, die zum Glück immer glimpflich ausgegangen sind.
Unter „no play“ verstehen wir reale Zwischenfälle. Dann musste einmal ein Pflaster auf eine blutige Zehe geklebt werden, oder auch ein Holzspan aus einem Finger entfernt. Das größte Lob aber bekamen wir nicht von den Schiedsrichtern und Organisatoren dieser Übung, sondern von den Schauspielerinnen, die sich bei uns einfach gut aufgehoben gefühlt haben. Unsere tollen Kolleginnen haben nicht nur ihre spielerische Aufgabe bravourös gemeistert, sondern sich auch zwischendurch mit den jugendlichen Darstellerinnen unterhalten. Da wurde dann auch mal ein Müsliriegel oder eine Flasche Mineralwasser an unsere „Opfer“ weitergegeben. Ich denke, gerade diese Menschlichkeit ist es, die das Rote Kreuz und auch unsere tollen Mitarbeiterinnen ausmacht. Da es an Montag weit über 30° hatte, entschloss sich die Einsatzleitung, allen Kolleginnen ein Eis zu spendieren. Da fiel dann auch das eine oder andere Eis für eine intubierte 13-jährige Patientin ab, deren Augen darauf hin zu strahlen begannen.
Was ist die Faszination an diesem AMP-Modul? Es sind die Menschen, es ist das Team. Jeder und jede hat seine bzw. ihre Spezialität. Jede und jeder seine Sprache. Neben Ungarisch, wurde Vorarlbergerisch, Tirolerisch, Steirisch usw. gesprochen. Sogar Wiener sollen sich unter den Mitarbeiterinnen befunden haben.
Zwei Patienten, die mit Schwefel kontaminiert wurden, werden wie selbstverständlich von einem Mitarbeiter in Schutzkleidung gereinigt. Eine zweite Kollegin deren Freund Feuerwehrmann ist, sucht in der Zwischenzeit die Datenblätter heraus, um die richtige Art der Reinigung zu finden. Selbst die Schauspieler sind erstaunt darüber, dass sie jetzt mit Laugenwasser abgewaschen werden. Diese Improvisationskunst ist es, die das Österreichische Rote Kreuz und speziell unsere AMP Einheit auszeichnet. Das ist es auch, was in den Köpfen der internationalen Beobachter gespeichert bleibt. Das, und dass wir für jeden Spaß und für jeden Blödsinn zu haben sind. Ich denke das es in so einer großen Einheit wichtig ist, neben der Professionalität jedes einzelnen und jeder einzelnen auch die nötige Portion Humor zu haben, um auch in Krisensituationen den Spaß an der Arbeit nicht zu verlieren.
Ohne diesen wäre es auch nicht möglich gewesen, die gefühlten 100.000 Zelte und das Material wieder einzupacken, übermüdet, schwitzend und top motiviert. Keiner unserer Mitarbeiterinnen hat sich verletzt.
Sogar die Chefs haben gearbeitet
Ohne Edi, unser logistisches Genie, der uns durch seine Koordination die Übung erst ermöglicht hat, ohne Christian und Andreas, unsere Tamagotchis, die diese Einheit aufgebaut haben, und ohne das ÖRK, das uns sehr unterstützt, wären diese und andere Übungen nicht möglich. Ein großer Dank geht auch an Aniko, Istvan und Zoltan, unsere ungarischen Kolleginnen. Sie waren eine echte Bereicherung für unser Team. Und am Ende geht der letzte Dank einerseits an Elena und Roman, die uns alle sicher ans Ziel und auch nach Hause gelotst haben und natürlich an KDB, Jörg und Wolfgang das Führungsteam.
Gerade sind die letzten- die Tiroler- nach Hause gekommen, nach über 3.200 km Fahrstrecke sind alle wieder bei ihren Lieben gelandet. Es ist ein gutes Gefühl (wenn auch nur im Spiel) Leben gerettet zu haben
Keep on the spirit..