Die Vorbereitungen waren alles andere, als erfreulich. Von dem Material, das in einem Warehouse in Port au Prince liegen sollte, war (nach ca. einer Stunde Reise ans andere Ende der Stadt) nicht die geringste Kleinigkeit aufzufinden. Der Container, in dem Antennen, Antennenmasten und Kabel liegen sollten, war finster und stickig, aber vom gesuchten keine Spur. Zum „Glück“ stellt sich nach einiger Zeit heraus, daß es in der Innenstadt ein zewites Warehouse geben soll, zu dem das Material vor ein paar Tagen verlegt worden sein soll. Also dorthin, immerhin finden wir dort im hintersten Winkel eines finsteren Lagerraumes Antennen und Antennenkabel, aber nichts von den erwarteten Antennenmasten … Auch gut, schlussendlich kann auch ein simples zwei Zoll Wasserrohr ganz gut als Mast herhalten, und irgendwas werden wir draußen schon auftreiben.
Mit diesem Ergebnis ist allerdings der ganze Nachmittag vergangen, wodurch jegliche weitere Vorbereitung (Material zu Einpacken fertig herrichten, Generator (einen kleinen Zweitakt-Generator, den uns die Schweizer Logistiker borgen) in Betrieb nehmen und überprüfen, und die ganze Bureaukratie fuer einen Field-Trip) auf morgen verschoben werden muß. Damit ist aber auch klar, daß wir es am Dienstag sicher nicht mehr bis Cap Hatien schaffen können, sondern – wenn alles gut geht – nur bis Gonaives.
Das Nachtquartier in Gonaives zu organisieren ist dafür einfach – es ist ein Anruf bei Marilena, der Teamleaderin der deutsch/schweiz/kanadischen Baisc Health Care. Niall und ich bekommen ein Zimmer im Haus, das die Deutschen gemietet haben, Dominique (unser Fahrer) und Richard haben ein Zimmer im Hotel gleich nebenan.
Zimmergenossen dieser Art gibt es hier überall. Sie sind friedlich (auch wenn sie hier erstaunlich groß werden) und durchs Moskitonetz passen sie auch nicht durch. Aber, weil man ja keine Überraschungen haben möchte, stehen die Schuhe am Tisch …
Am Mittwoch um sechs in der Früh ist Abfahrt Richtung Cap Haitien. Wenn es Zeitangaben für die Fahrt irgendwohin gibt, ist die Angabe mit mindestens eineinhalb, besser mit zwei zu multiplizieren. Folglich sind wir auch nicht gegen neun in Cap Haitien, sondern erst um elf.
Laut Richard ist dort keinerlei VHF Anlage vorhanden, vom Solar-Pannel über Mast, Antenne und Funkgerät muß alles neu aufgebaut werden. Tatsächlich aber präsentiert der Präsident der local Branch ein Funkgerät, und einen Mast finden wir beim Kramen in einem alten Container. Sogar eine komplette Kuzwellenanlage ist vorhanden, aber dafür reicht unser 35 Watt Solarpannel bei weitem nicht aus.
Damit ist zwar immer noch eine komplette VHF Station aufzubauen, aber das ist eine einfache Übung, denn oft ist nicht der eigentliche Aufbau der Anlage das Problem, sondern das mühsame, und zeitraubende Organiseren des ganzen Materials. Das beginnt bei irgendeinem Winkel aus Blech, und endet bei einer simplen Schraube oder einem Dübel. Der Mast mit Antenne steht nach einer Stunde, nach einer weiteren ist die Stromversorgung mit Solarpannel und Laderegler fertig, dann noch ein paar Löcher durch die Mauern um die Antennen und Stromkabel zu verlegen. Nach einem ersten Test der Anlage, der zufriedenstellend verläuft, lassen wir es für heute gut sein, die restliche Installation (eigentlich nur die optisch ansprechende Montage von Batterien und Funkgerät lassen wir für den nächsten Nachmittag, während Richard die Mitarbeiter auf das Funkgerät und die Regeln im Funkverkehr einschult.
Dafür geht es am nächsten Tag gleich in der Früh nach Fort Liberte. Dort ist angeblich die Funkanlage in Ordung, wir sollen nur die Batterien austauschen. Im local Office gibt es bereits vier 45 Watt Solarmodule, die mit insgesammt vier Batterien und einem 115 Volt Wechselrichter das Office versorgen. Da das Funkgerät von der Batterie abgehängt ist, hat es wohl schon einige Zeit nicht mehr funktioniert …
Außer eine neue (elegantere, als frei durch die Räume gespannte) Verkabelung und einen genauen Check der Stromversorgung gibt es daher von technischer Seite nicht viel zu tun. Viel aufwändiger ist es allerdings, die Mitarbeiter zu Informieren, warum es jetzt nicht sinnvoll ist, eine von vier Batterien zu erstzen, warum es nicht gut ist, Bleibatterien einfach parallel zu schalten, daß schon alleine die Verwendung des (einzigen) Computers bei dem schlechten Wirkungsgrad des Wechselrichters die Leistung der Solarpannels übersteigt, und warum der Wechselrichter unbedingt abgeschaltet werden muß, wenn niemand im Office ist, usw, usw …
Es wäre natürlich sinnvoll, alle (und nur alle gleichzeitig, alles andere wäre Unsinn) Batterien zu ersetzen, aber da wir dafür nicht genug mithaben, und das auch auch nicht geplant war, können wir diese Information nur mitnehmen, und an – hoffentlich geeigneter Stelle – anbringen.
Auf dem Rückweg wird dann noch die Station in Cap Haitien „schön“ installiert, während Richard sein Funktraining veranstaltet. Der Plan für morgen ist, die Station in Limbe mit Solarstrom und Laderegler zu versorgen, sowie natürlich das Training der Mitarbeiter. Da es sich nicht ausgehen wird, an diesem Tag noch bis Port au Prince zurückzufahren, haben wir uns schon heute das Quartier in Gonaives bei der deutsch/schweiz/kanadischen Basic Health Care organisiert. (bzw. organisieren lassen). Die Gastfreundschaft ist phänomänal, die Stimmung immer ausgezeichnet, und wie angedeutet wurde, wird dort morgen abend groß gekocht. Da wir den ganzen Tag in der Hitze unterwegs sein werden, wissen wir aber noch nicht so wirklich, was wir dazu mitbringen werden …
Da wir bist jetzt sogar „ahead schedule“ sind (seltsam, ist mir schon lange nicht mehr passiert), schmeckt aber auch das Abendessen in Cap Haitien …
erwin